Längst war teilnehmenden Galerien, möglichen Besuchern und überhaupt allen, die eine Meinung zu dem Thema hatten, klar, dass die Art Basel/Hong Kong nicht würde stattfinden können. Und trotzdem hat die Messe Schweiz immer weiter hingehalten, vertröstet und beteuert, sie würde die Situation genau beobachten und alle Optionen abwägen. Schon seit letztem Sommer gab es Bedenken, ob angesichts der Unruhen und der zunehmenden Repression durch die chinesische Regierung eine Kunstmesse überhaupt erfolgreich durchgeführt werden könnte oder sollte. Mit dem seit Januar immer weiter sich umgreifenden Coronavirus schien sich die Frage beantwortet zu haben: selbstverständlich nicht. Die Grenzen zum chinesischen Festland waren bereits weitgehend dicht, Museen und andere Kulturinstitutionen geschlossen, Veranstaltungen abgesagt.
Die Messeleitung wartete ab. Gab nach, als einzelne Galeristen ihre Standgröße reduzieren wollten, um das finanzielle Risiko abzumildern. Hielt hin, als eine ganze Gruppe von Ausstellern die Absage forderte. Selbst nachdem die Weltgesundheitsorganisation WHO den Gesundheitsnotstand erklärt hatte, dauerte es noch eine Woche, bis die Schweizer endlich die Realität anzuerkennen schienen und die für Mitte März anstehende Veranstaltung absagten. Das ist tatsächlich die paar Tage zu spät, die für viele Aussteller einen Unterschied machen. Denn die 40-Tage-Frist für Schiffsfracht war da gerade abgelaufen, und die Ware vieler Aussteller bereits unterwegs.
Bleibt die Frage: Warum brauchte die Leitung der Art Basel so lange, um die Realität anzuerkennen und eine Kunstmesse abzusagen, die durchzuführen nicht nur offensichtlich unsinnig, sondern auch praktisch unmöglich gewesen wäre? Die Antwort dürfte so banal wie zwingend sein: Geld. Denn es geht um ziemlich viel davon. Der Umsatz durch die Mieten für die Stände der Galerien, die Lounges der Sponsoren und die Eintrittsgelder dürfte im zweistelligen Millionenbereich liegen. Allein den Galerien will die Messe 75 Prozent der Standmiete zurückerstatten. Ticketerlöse fallen komplett aus. Das ist für jeden Veranstalter ein dicker Brocken, für die angeschlagene MCH Group, die Muttergesellschaft der Art Basel, erst recht.
Schaden vor allen Dingen für kleinere Galerien
Da müssen zunächst Gespräche geführt werden, wahrscheinlich mit der Bank und wohl vor allem mit der Versicherung. Und wer einmal versucht hat, einen simplen Parkrempler mit dem Auto zu regulieren, weiß, was das bedeutet. Denn offiziell ist ja noch alles möglich: Hongkong wird noch angeflogen, eine offizielle Reisewarnung besteht immer noch nicht. Warum sollte eine Versicherung also leisten?
Dass die Messe dennoch von sich aus einen Großteil der Kosten erstatten will, ist also löblich. Doch helfen wird das vielen gerade der kleineren Galerien nicht wirklich. Flüge und Hotels sind wahrscheinlich längst gebucht, oft ohne Stornierungsmöglichkeit. Der Schaden entsteht auf alle Fälle. Mal ganz abgesehen vom entgangenen Umsatz.
Und Hongkong? Die Kunstszene dort ist natürlich nicht begeistert, wird sich aber zu helfen wissen. Die Einheimischen sind schließlich stolz auf ihre Flexibilität. Vor allem jedoch haben die Menschen vor Ort aktuell andere Sorgen. Für ihren Kampf um Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit sind sie darauf angewiesen, vom Westen wahrgenommen zu werden. Und beim Kampf gegen eine weitere Ausbreitung der Krankheit kann eine Kunstmesse ohnehin nicht helfen.