Die Artissima in Turin ist die anspruchsvolle unter den kleineren europäischen Messen: Sie versteht sich nicht nur als Dienstleisterin für den Markt, sondern als kulturelles Angebot, das auf künstlerische Experimente mit hohem kuratorischen Anspruch setzt. Zu ihrer 26. Ausgabe hat Messedirektorin Ilaria Bonacossa das Begriffspaar "desire/censorship" zum Motto gewählt und zitiert dazu sogar die Philosophen Deleuze/Guattari herbei: Das Begehren sei die Fluchtlinie im System und Kunst ein Vehikel, um die Grenzen der Normalität und der Konvention zu überschreiten.
Passend dazu will die experimentelle Sonderausstellung zur Messe unter dem Titel "Abstract Sex – We don’t have any clothes, only equipment" künstlerische Arbeiten zum Thema Begehren versammeln. Angesiedelt ist sie außerhalb des Messegeländes in der legendären Boutique Jana, wo einst Mario Merz und andere nicht nur ihre Hemden kauften, sondern auch ihre Kunst zeigten.
Neuer Schwerpunkt Naher Osten
Auf der Messe selbst, die wieder in der großen Veranstaltungshalle Oval Lingotto stattfindet, wird sich eine Sonderausstellung dem einigermaßen exzentrischen Thema des Telefons in der Kunst widmen, als Fortsetzung der Beschäftigung mit Sound-Art, die im vergangenen Jahr begonnen wurde. Außerdem feiert die Sektion "Back to the Future", die bislang nicht ausreichend gewürdigte Avantgardisten der jüngeren Kunstgeschichte in Szene setzt, ihre zehnte Ausgabe mit der Wiedervorlage einiger auf dem Markt erfolgreicher Entdeckungen. Und in der Sektion "Present Future" werden 20 internationale junge Künstler und Künstlerinnen präsentiert. Wer von ihnen den Illy Present Future Prize gewinnt, bekommt im kommenden Jahr eine Ausstellung im Museum Castello di Rivoli.
Insgesamt werden gut 200 Galerien nach Turin kommen, davon 79 aus Italien. Ein neuer Schwerpunkt ist der Nahe Osten: 15 Galerien reisen aus dem Libanon, Dubai, aber auch Israel an.