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9 Kunst-Filme, die Sie im Oktober nicht verpassen sollten

Das Beste aus den Mediatheken: Die Kunst-Filme im Oktober erkunden Klassiker der Modewelt, kurieren den Herbstblues mit Glam Rock und erforschen den Wert des Menschen


Glam Rock: Die Ära der Exzentrik

Der verheißungsvolle Glam Rock erwachte aus der musikalischen Apathie nach der Beatles-Trennung pünktlich zu Beginn der 70er-Jahre. T. Rex, David Bowie oder Roxy Music, um nur ein paar seiner schillernden Vertreter zu nennen, kehrten die Codes der Rockmusik um. Plateausohlen, hautenge Hosen, Glitter und jede Menge Schminke, dazu das musikalische Versprechen von Freiheit: Das präsentierten die Glam Rocker einer Generation mit Post-Beatles-Depression. Außerdem riefen sie nach sexueller Offenheit und Befreiung von Konservatismus und Puritanismus. Die Dokumentation geht diesem kurzweiligen, nicht minder bedeutsamen, Kapitel der Rockgeschichte auf den Grund und legt auch Parallelen zur heutigen Zeit offen: Die Suche nach Leichtigkeit im tristen Alltag und das ab und zu aufkommende Bedürfnis nach Ausbruch.

"Glam Rock: Verrückt, exzentrisch und von kurzer Dauer", ARTE Mediathek, bis 25. November



Begegnung mit Baukünstler Otto Wagner

Er hat die Wiener Architektur geprägt wie kaum ein anderer, mit seinen Bauten die Metropole stilvoll glänzen lassen: 2018 jährte sich Otto Wagners Todestag zum 100. Mal. Zu diesem Jubiläum widmet sich ein Film dem umfassenden Werk des Architekten, Stadtplaners, Designers und nicht zuletzt Visionärs Otto Wagner. Viele seiner Meisterbauten bewundern Touristen heute immer noch: Sie zählen zu den Juwelen des Jugendstils in Wien. Aber auch sein Frühwerk, noch im Stil des Historismus gehalten, wird im Film dargestellt. Seine Maxime ist es allerdings, nur die Ereignisse und Entwicklungen im Leben Wagners zu beleuchtet, die ihn auf dem Weg zum modernen Baukünstler beeinflussten.

"Otto Wagner - Visionär der Moderne", ZDF Kultur, bis 22. Oktober

 

Totems und Tabus: Belgiens Kolonialmuseum im Umbruch 

Das Musée Royal d'Afrique Centrale im belgischen Tervuren wurde im Dezember 2018 mit neuem Namen "Africa Museum" wiederöffnet. Die Arte-Dokumentation "Totems und Tabus" untersucht die koloniale Vergangenheit Belgiens und das neu entwickelte Ausstellungskonzept des Museums. Wurde die Kolonialherrschaft des Landes in dem Ausstellungshaus fast ein Jahrhundert lang verherrlicht, soll nun ein Bewusstsein für die postkoloniale Debatte sowie ein sensibler Umgang mit dieser Raubkunst vermittelt werden. Jetzt muss sich das "Africa Museum" wie viele ethnologische Ausstellungshäuser Europas mit der Aufarbeitung einstiger Ausbeutungsverhältnisse beschäftigen. Neben einer Plattform, die die koloniale Vergangenheit des Landes aufarbeitet, sollen Kooperationen mit dem Musée des Civilisations Noires in Dakar und dem Museum in Kinshasa die Mitsprache afrikanischer Länder in der Darstellung ihrer Geschichte fördern.

"Totems & Tabus - Belgiens Kolonialmuseum", ARTE Mediathek, bis 22. Oktober 2019

 

Beats treffen Bilder

Der ewig unangepasste Techno-DJ WestBam trifft in einer neuen Folge "Art Work" - einer ZDF-Webserie über Kreativität - auf den fast blinden Galeristen Johann König. Für beide steht fest: Kunst hat Suchtpotenzial. Beats und Rhythmen bei dem einen, Bilder und Objekte bei dem anderen. Sie streben nach Erfolg, wollen weiter expandieren. Aber wie viel hat die professionalisierte globale Kunstwelt des Galeristen König mit der rhythmusgetriebenen Sphäre des Technofreaks WestBam gemein? Finden die beiden eine künstlerische Einigung? Gelingt es ihnen, die Distanz zwischen Betrachter und Werk aufzuheben?

"Art Work: Westbam besucht Johann König", ZDF Kultur, bis 12. September 2020

 

Wie viele Rabattmarken ist ein Mensch wert?

Der 51-jährige Thierry (Vincent Lindon) ist gelernter Maschinist, ein verlässlicher Mitarbeiter und Familienvater. Infolge der Wirtschaftskrise verliert er seine Anstellung. Nach erfolglosen Bewerbungsgesprächen besucht er Fortbildungen und nimmt an Bewerbungstrainings teil. Trotz aller Hoffnung erlebt er unzählige Absagen und auch Demütigungen. Dann bekommt er eine Stelle: als Kaufhausdetektiv. Weil er jedoch Kollegen bespitzeln soll, wird die Arbeit schon bald zum moralischen Dilemma. Stéphane Brizé verdeutlicht in seinem Sozialdrama, wie Misstrauen, Generalverdacht und Kriminalisierung einhergehen und welchen unterdrückenden Mechanismen zwischenmenschliche Beziehungen im Rahmen moderner Arbeitswelten ausgesetzt sind. Fragen nach dem Wert eines Menschen am Beispiel von Rabattmarken scheinen da gar nicht mehr so absurd.

"Der Wert des Menschen", ARD Mediathek, bis 12. Oktober

 

Das Mode-Genie Alexander McQueen

Er schockte um des Schockens willen und veränderte wie nebenbei die Mode für immer, ob mit seinem blanken Hintern, blutverschmierten Models oder zerfetzten Kleidern. Der Bad Boy der Mode Alexander McQueen kritisierte auch den Kapitalismus der Modewelt in seiner Show "The Horn of Plenty". Die Arte-Dokumentation schildert seine letzten beiden Lebensjahre und wirft einen Blick auf seine drei letzten großen Kollektionen. Archivaufnahmen und unveröffentlichte Interviews geben Einblicke in die Welt des exzentrischen und antagonistischen Modeschöpfers. Drei Wochen vor seinem Tod, am 18. Januar 2010, präsentierte McQueen sein letztes Runway-Event mit dem Titel "The Bone Collector" ("Der Totengräber"). Mit der einem Beinhaus ähnelnden Kulisse und einem Totenkopf-Schal als Bestseller, ist diese Männerkollektion ein makaberer Höhepunkt seines Schaffens, wie ein Countdown zum Tode.

"Das Testament des Alexander McQueen", ARTE Mediathek bis 28. Oktober

 

Johannes Itten, der übersehene Bauhaus-Star

Er ist der eigentliche Star der kürzlich angelaufenen Bauhaus-Serie "Die neue Zeit": Johannes Itten, ein fanatischer Verführer genauso wie ein begnadeter Erspürer von Farben und Form. Der Dorfjunge aus dem Berner Oberland verhilft der weltberühmten Bauhaus-Schule zum Aufstieg und wird dennoch beinahe vergessen. Dabei ist er einer der bedeutendsten Kunsttheoretiker und -pädagogen des 20. Jahrhunderts und Begründer einer wegweisenden Farbenlehre. Diese und der von ihm erfundene "Vorkurs", mit dem er die erste Phase des Bauhauses geprägt hat, werden heute noch von vielen Kunstschulen und Stilisten aufgegriffen. Aber durch die von Walter Gropius betriebene Gleichsetzung von Bauhaus und ihm selbst und ihrer persönlichen Konflikte, ist Itten in den Hintergrund getreten. Endlich widmet sich eine Dokumentation seinem Leben und Werk und wirft einen Blick auf die Anfänge des Bauhauses, die ganz anders waren als das Bauhaus, wie wir es heute kennen.

"Johannes Itten - Bauhaus Pionier", ZDF Mediathek

 

Nah dran am Kunsthandwerk der Berliner Gipsformerei

Zu ihrem 200-jährigen Jubiläum wird der Berliner Gipsformerei eine Ausstellung in der James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel gewidmet. Der Dokumentarfilm "Pergamon in Gips" zeigt diese Institution in ihrer Doppelrolle als Manufaktur und Sammlung. Sie verfügt über einen Bestand von über 7000 Formen und hat sich auf großformatige Gipsabgüsse spezialisiert. Dazu gehören auch Abformungen des antiken Pergamon-Altars, 40 laufende Meter dieses Frieses werden nun als Kopie neu gegossen. Diesen anspruchsvollen Herstellungsprozess begleitete der Film ein Jahr lang. Das traditionelle Handwerk galt im 19. Jahrhundert als eigenständige Kunst: Wilhelm von Humboldt oder Johann Wolfgang von Goethe sammelten Gipskopien und auch heute bedienen sich zeitgenössische Künstler wie Jeff Koons oder Stella Hamberg des weißen Materials.

"Pergamon in Gips", ARTE Mediathek, bis 14. Oktober

 

Aus dem Skizzenbuch von Yves Saint Laurent

Der Modeschöpfer Yves Saint Laurent war auch einer der talentiertesten Zeichner seiner Branche. Im Laufe seines Lebens häufte er Hunderttausende Zeichnungen an, die seit seinem Tod 2008 im Archiv der "Fondation Pierre Bergé - Yves Saint Laurent" aufbewahrt werden. Der Regisseur Loïc Prigent zeigt exklusives Filmmaterial von diesem bislang unveröffentlichten Schatz. Obwohl Saint Laurent nach seiner letzten Show im Jahr 2002 nichts mehr gezeichnet hat, konnten noch immer nicht alle seiner davor entstandenen Skizzen gesichtet werden. Sein ehemaliger Lebensgefährte Pierre Bergé, Modehistoriker und ehemalige Mitarbeiter, wie der berühmte erste Schneider Monsieur Jean Pierre oder die erste Damenschneiderin Madame Catherine, erfüllen seine Zeichnungen mit Leben und erzählen die Geschichte der Mode aus einer neuen Perspektive.

"Die Zeichnung des Yves Saint Laurent", ARTE Mediathek, bis 21. Oktober