Die Berlin Art Week, die seit dem gestrigen Mittwoch die hauptstädtische Kunstwelt in Bewegung setzt, wird veranstaltet von den Kulturprojekten Berlin und mit 300.000 Euro von der Kulturverwaltung sowie mit 150.000 Euro vom Wirtschaftssenat unterstützt. Dazu kommen verschiedene Sponsorengelder. Berlin vermarktet sich gern als Kunststadt, die Wirtschaftssenatorin Ramona Pop lobt die Berlin Art Week als "einzigartigen Zusammenschluss von Kultur und Wirtschaft" und ist stolz auf deren "internationale Strahlkraft". Der Galerist Johann König ist trotzdem unzufrieden mit dem Konzept, weil er die kommerziellen Galerien zu wenig einbezogen sieht. Hier erklärt er, was ihn ärgert.
Herr König, Sie haben in Briefen an verschiedene Senatsmitglieder die Berlin Art Week aus Sicht des Berliner Kunsthandels scharf kritisiert. Wieso?
Aus Sicht des Kultursenats funktioniert die Berlin Art Week sehr gut. Mit ihrem Marketing kriegt sie es gut hin, Berlin als kulturelle vielschichtige Stadt zu zeigen, und, der Agenda von Kultursenator Lederer folgend, als unelitär. Die freie Szene ist sehr gut repräsentiert. Aber als Wirtschaftsförderungsinstrument funktioniert die Art Week überhaupt nicht. In dem Heft des Senats zur Berlin Art Week kommen beispielsweise zahlreiche kleine Projekträume, aber keine einzige kommerzielle Galerie vor. Auch das Auktionshaus Grisebach kommt nicht vor, ein wichtiger Akteur des Kunsthandels in Berlin. Der Kunsthandel profitiert überhaupt nicht von der Berlin Art Week. Ich verstehe nicht, warum dafür das Geld der Wirtschaftsförderung eingesetzt wird.
Warum sollte der Senat denn überhaupt kommerzielle Galerien unterstützen?
Wer den Kunsthandel fördert, fördert damit auch direkt die Künstler, denn die Galerien stellen die Werke öffentlich vor und suchen Käufer für die Werke. Von diesen Verkäufen leben die Künstler. Meine jungen Kolleginnen und Kollegen leisten dieselbe Arbeit wie Projekträume, nur dass sie versuchen, sich auch über den Verkauf zu finanzieren. Film- und Gamingindustrie sind auch kommerziell und werden vom Senat, beziehungsweise vom Bund gefördert. Den Filmpark Babelsberg beispielsweise gäbe es ohne staatliche Fördermittel gar nicht. Ich möchte im Übrigen gar nicht, dass die Projekträume weniger Geld bekommen. Ich verstehe nur nicht, warum die Galerien ignoriert werden.
Das Gallery Weekend im Mai scheint ja auch ohne Senatsförderung wunderbar zu funktionieren.
Das ist es ja, was mich so ärgert: Der Senat schmückt sich auf seiner Website mit dem Gallery Weekend, Moritz von Dülmen von den Kulturprojekten hat gesagt: Nach dem Gallery Weekend ist vor der Berlin Art Week. Damit erweckt der Senat den Anschein, er hätte irgendetwas mit dem Gallery Weekend zu tun, dabei fördert er es mit keinem Euro. Das Gallery Weekend schafft mit viel weniger Budget einen viel stärkeren Effekt als die Berlin Art Week, der Senat rühmt sich damit, und dann kommen die Galerien noch nicht mal im Marketing der Berlin Art Week vor. Es ist auch überhaupt nicht sicher, dass das Gallery Weekend auf ewig so funktioniert. Kleinere Galerien schaffen es kaum, den Beitrag dafür aufzubringen. Warum kann man nicht sagen: "Es gibt hier diese Initiative Gallery Weekend, die schafft was, lass uns die unterstützen, damit sie es noch besser schaffen!"
Die Messen Art Berlin und Positions sind Teil der Berlin Art Week, das sind ja auch Veranstaltungen des Kunsthandels.
Na ja, die finden einfach nur gleichzeitig statt und direkt gefördert werden auch sie mit keinem Euro, und sie agieren mit erheblicher wirtschaftlicher Unsicherheit. In anderen Städten wie Frankfurt, Wien, Madrid, Turin, Paris werden die lokalen Kunstmessen von der öffentlichen Hand ganz selbstverständlich unterstützt. Ich verstehe nicht, warum die Politik sich so schwer tut damit, den Kunstmarkt als solchen zu fördern. Warum wird bei der Kunst nicht wahrgenommen, dass sie auch gesellschaftsbereichernd ist? Außerdem kommen durch den Kunstmarkt sehr kaufkräftige Touristen in die Stadt, die übernachten in den teuren Hotels, essen in den guten Restaurants, aus ökonomischer Sicht kann man das doch nur begrüßen.
Welche Förderung wäre sinnvoll für den Berliner Kunsthandel?
Ich glaube, dass wir zwei Förderinstrumente brauchen. Einmal eine Exzellenzförderung, womit die Spitzen für besondere Projekte unterstützt werden, wie das Gallery Weekend als Veranstaltung, denn dadurch lockt man Sammler in die Stadt und es gibt Abstrahleffekte, die dann allen Marktbeteiligten zugute kommen. Und dann muss man die kleinen Galerien fördern, so wie es der Senat mit der Projektraumförderung tut. Das Einzige, was es da zurzeit gibt, ist der Preis des Verbands Berliner Kaufleute und Industrieller, der an eine einzige Galerie 10.000 Euro ausschüttet. Das reicht nicht.