Adilette im Museum

Die deutsche Zumutung

In seiner neuen Konzernzentrale stellt Adidas die erste Adilette aus. Die Gummischlappe ist deutsches Kulturgut, das man - sogar mit Socken - heute schambefreit tragen kann 

Pünktlich zu seinem 70. Geburtstag hat der Sportartikelhersteller Adidas in seiner Gründungsstadt Herzogenaurach einen 350 Millionen teuren Firmensitz eröffnet, der optisch an ein Fußballstadion erinnert. Hier werden bedeutende Entwürfe aus der Geschichte der Marke ausgestellt, deren Schuhe der Legende nach 1954 den Pervitin-gedopten Nachkriegshelden der deutschen Fußballnationalmannschaft zum Sieg in Bern verhalfen.

Zu sehen ist auch die Adilette, die Adi Dassler als wasser- und rutschfesten Schuh für die Gemeinschaftsdusche entwarf. Am Design des Schuhs hat sich in über vierzig Jahren wenig geändert, an der öffentlichen Wahrnehmung hingegen einiges.

Als Alltagsschuh zweckentfremdet wurde die Adilette zum präferierten Schuhwerk des deutschen Touristen im Feinripp-Unterhemd auf dem frühmorgendlichen Handtuch-bewaffneten Weg zur Pool-Liege und zum Sinnbild der ästhetischen Zumutungen Deutschlands, die Christian Kracht in seinem Film "Finsterworld" so treffend beschreibt.

Ritt auf der Ugly-Fashion-Welle

Mitte der 2010er-Jahre wurden Badelatschen dann im Zuge einer Ugly-Fashion-Welle plötzlich wieder Trend. Der Rapper Future pries in seinem Song "Thought It Was A Drought" seine Luxusschlappen von Gucci an, Rihanna designte ausgerechnet für die von Adi Dasslers verstrittenem Bruder Rudolf gegründete Marke Puma Nasszellen-ungeeignete Fell-Badelatschen. Style-Puritaner blieben hingegen beim unaufgeregten Drei-Streifen-Klassiker, mit dem man heute wieder schambefreit und sogar besockt zum Supermarkt schlurfen darf.

Es gibt wohl wenige Kleidungsstücke, die einen derart furiosen Konnotationswandel durchlebt haben wie die Adiletten. Konkurrenz macht ihr derzeit nur die ebenfalls uncool verwurzelte Birkenstock-Gesundheitslatsche. An den Adidas-Schlappen lassen sich wunderbar die Launen der Mode und die Kraft symbolischer Aufladung ablesen – allein deshalb sind sie museumsreif.