Das neue iPhone ist nach Auffassung des Medienkünstlers Peter Weibel als Produkt eher uninteressant - das Smartphone sei nur noch ein Türöffner für die Welt der Daten. "Wir entwickeln uns weg von einer Kultur der Produkte und hin zu einer Kultur der Distribution, der Verteilung von Daten", sagte der Leiter des Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe der Nachrichtenagentur dpa. Apple sei nur deswegen das Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert geworden, weil es die "Geräte der Distribution von Daten" besonders ansprechend gestaltet habe.
"Die Produkte der Distribution werden immer immaterieller, immer kleiner, werden zu einem reinen Datenmedium", erklärte der 68-Jährige. "Dieser Trend ist jetzt erfolgreich, gelangt aber bald an ein Ende." Schon jetzt gebe es in der technologischen Grundlagenforschung hinweise auf die künftige Entwicklung von "Liquid Media, flüssigen Medien, die unterschiedliche Aggregatzustände einnehmen können". Dann könne etwa ein Bildschirm so klein sein wie ein Fingernagel, aber bei Bedarf vergrößert werden und möglicherweise einen gasförmigen Zustand annehmen. "Das wird alles kommen in den nächsten Jahrzehnten, weil wir dabei sind, durch die Nanotechnologien neue Eigenschaften von Materialien zu erkennen."
Weibel erwartet aber noch aus einem anderen Grund, dass Gerätehersteller wie Apple bald schon den Höhepunkt ihres Erfolgs überschritten haben könnten. "Die Infosphäre muss frei werden", sagte Weibel, der auch Hochschullehrer und Ausstellungskurator ist. So wie die Luft Allgemeingut sei, werde dies in Zukunft auch für die Kommunikation in Funknetzen und im Internet gelten. «Das ist die nächste Stufe, dass wir für diese Informationshülle nicht mehr bezahlen werden. Die Infosphäre muss genauso gratis sein wie die Atmosphäre.»
Diese Entwicklung werde auch für die Kunst von gewaltiger Bedeutung sein, sagte Weibel. "Bisher ist die Kunst eine Art Arche Noah, ein Flaschenhals, durch den nur wenige durchgelassen werden." Es gebe zahllose künstlerische Artikulationen, die unterdrückt würden oder aus anderen Gründen unsichtbar blieben. "Künftig wird die Kunst globaler und demokratischer."
Weibel engagierte sich nach dem Studium der Medizin, Mathematik und Logik in Wien in den 60er Jahren in unterschiedlichen Projekten der Performance- und Medienkunst. Danach wurde er zu einem maßgeblichen Vordenker der Computerkunst und war unter anderem für die Ars Electronica in Linz und das Institut für Neue Medien in Frankfurt am Main tätig. Das ZKM in Karlsruhe leitet er seit 1999.