Das 2012 von der Unseco als "Creative City" ausgezeichnete Peking wird immer wieder als aufregende Kunstmetropole deklariert. Doch während Viertel wie der "789 Art District" mit ihrer imposanten Kunst im öffentlichen Raum und ihren bunten Street-Art-Murals immer mehr kunstbegeisterte Touristen anziehen, sehen sich Künstler und Galeristen zunehmend von der politischen und wirtschaftlichen Lage im Land bedroht.
Vergangene Woche marschierten Polizisten in Schutzausrüstung in das Kunstviertel Luomahu ein, um die dort ansässigen Künstler aus ihren Ateliers zu vertreiben. Einige Tage zuvor waren bereits hunderte Künstler aus ihren Ateliers in der Huantie-Nachbarschaft eskortiert worden. Wie der ansässige Künstler Canon Duan gegenüber "The Art Newspaper" erklärte, hatte man hatte ihnen lediglich eine Woche Zeit gegeben, ihre Ateliers zu räumen. "Wir bekommen weder irgendeine Kompensation noch eine Erklärung", so Duan.
Als Ai Weiweis Studio 2018 ohne Vorwarnung von Bulldozern überrollt wurde, begründete die Regierung den Abriss noch mit städtebaulichen Maßnahmen. Dass die Ateliers in Luomahu und Huantie abgerissen werden sollen, wird nun als Maßnahme im Kampf gegen die Mafia deklariert: in Räumungsbescheiden werden Künstler mit "Sicherheitsproblemen" und "instabilen Faktoren" in Verbindung gebracht.
Nicht nur Künstlern, sondern auch internationalen Galerien macht die chinesische Regierung Druck. Vor wenigen Wochen gab die Galerie Pace bekannt, dass sie ihre Peking-Dependance im 789 Art District schließen wird. Pace war 2008 die erste US-Galerie, die nach Festlandchina expandierte. Gründer Arne Glimcher erklärte gegenüber "Art News", es sei schon seit einer Weile "unmöglich, Geschäfte auf dem chinesischen Festland zu machen."
Eingekauft wird in Hongkong
Den letzten Rest haben der Galerie dann die mit dem der Handelsstreit zwischen den USA und China verbundenen Einfuhrzölle auf Kunst gegeben. Seitdem Xi Jinping 2013 zum Präsidenten ernannt wurde, hätten die wohlhabenden Chinesen zudem Angst, ihren Reichtum allzu offensichtlich zu zeigen. "Wenn, dann kaufen sie Kunst für ihre Apartments an anderen Orten der Welt und kommen ohnehin nach Hongkong", so Glimcher.
In Peking wird es fürs Erste nur noch ein Büro geben – und einen privaten Showroom, in dem die auf Diskretion bedachte Kundschaft weiterhin ausgewählte Werke begutachten kann. Eingekauft wird dann zu deutlich besseren steuerlichen Konditionen in der Sonderverwaltungszone Hongkong. Die zwei dortigen Pace-Dependancen in Hongkong sollen dementsprechend weiterhin bestehen.
Auch Pascal de Sarthe entschied sich, die Präsenz seiner Galerie in Peking auf einen privaten Showroom zu begrenzen, als im Sommer vergangenen Jahres ein rotes Graffiti an der Fassade seiner Galerie im Kunstviertel Caochangdi den Abriss des Gebäudes ankündigte. Andere Galerien in der Nachbarschaft hatten damals ebenfalls die Aufforderung erhalten, binnen eines Monats ihre Räumlichkeiten zu verlassen. De Sarthe bemerkte vergangene Woche gegenüber der "South China Morning Post", man müsse sich in einem Umfeld aus hohen Import- und Verkaufszöllen, eingeschränkten Geldströmen und willkürlichen Räumungen von Kultureinrichtungen die Frage stellen, ob das Geschäftsmodell Galerie in Peking obsolet geworden sei.
Chinesische Galerien ziehen sich zurück
Indes ziehen sich rein chinesische Galerien immer mehr aus dem internationalen Markt zurück. Die in Peking ansässigen Größen Pekin Fine Arts und Long March gaben kürzlich beide bekannt, nicht mehr an internationalen Messen teilzunehmen. Pekin-Direktorin Meg Maggio schwärmte gegenüber der "South China Morning Post" von einem boomenden Geschäft. Und tatsächlich überholte der chinesische Kunstmarkt erst kürzlich jenen Großbritanniens und ist nun nach den USA der zweitgrößte weltweit.
Während Künstler vertrieben werden und internationale Galerien sich in das weniger repressive Hongkong flüchten, floriert in Peking unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit eine zunehmend antiseptische und national begrenzte Kunstszene für die zahlreichen Superreichen des Landes. Der chinesischen Regierung dürfte das gefallen.