Vize-Direktorin des New Yorker Guggenheim

Naomi Beckwith kuratiert die Documenta 16

Vor gut einem Jahr ließ ein erneuter Antisemitismus-Streit die Findungskommission der Documenta auseinanderbrechen, nun gibt es eine neue künstlerische Leitung für die Weltkunstschau: Naomi Beckwith kuratiert die nächste Ausgabe in Kassel 

Die Personalie wurde am heutigen Mittwoch in Kassel bekannt gegeben. Naomi Beckwith ist stellvertretende Direktorin und Chefkuratorin am Guggenheim Museum in New York. Dort betreut sie Sammlungen, Ausstellungen, Publikationen, kuratorische Programme und Archive und verantwortet die strategische Ausrichtung des internationalen Guggenheim-Netzwerks. Zuvor hatte sie kuratorische Positionen am MCA Chicago und am Studio Museum in Harlem inne. Beckwith tritt die Nachfolge des indonesischen Künstlerkollektivs Ruangrupa an, das die Documenta Fifteen im Jahr 2022 kuratiert hat.

"Die Documenta ist eine Institution, die der ganzen Welt und genauso auch Kassel gehört", sagt Beckwith in einem Statement. "Sie ist auch eine Institution, die sich im ständigen Dialog mit der Geschichte befindet und gleichzeitig ein Barometer für Kunst und Kultur in der unmittelbaren Gegenwart ist. Ich bin voller Demut angesichts der Tragweite dieser Verantwortung und freue mich gleichermaßen darauf, meine Forschungsergebnisse und Ideen mit dieser geschichtsträchtigen und großzügigen Institution zu teilen: Sie bietet Künstler*innen, Kurator*innen und dem Publikum gleichermaßen Raum und Zeit für Konzentration, tiefgehende Studien, Erkundungen, Experimente und neue Erkenntnisse." 

Sie habe jede Documenta seit der zwölften Ausgabe verfolgt und sei vom ersten Moment an besessen gewesen von dem Konzept der Ausstellung, sagte die 48-Jährige. Kein anderes Projekt der Kunstwelt erlaube so tiefe Gedanken, eine so tiefe Recherche und eine so enge Zusammenarbeit mit Künstlern. Der Aufsichtsratsvorsitzende der documenta gGmbH, Kassels Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne), bezeichnete Beckwith als "exzellente Wahl". Sie sei eine hochkarätige Expertin für Gegenwartskunst. 

Die Findungskommission für die künstlerische Leitung der Documenta 16 bestand aus den international arbeitenden Kuratorinnen und Kuratoren Yilmaz Dziewior, Sergio Edelsztein, N'Goné Fall, Gridthiya Gaweewong, Mami Kataoka und Yasmil Raymond. "Es war nicht einfach, eine Entscheidung zu treffen", sagt Dziewior laut der Mitteilung. "Unsere Diskussionen spiegelten die Komplexität und Verflechtung der aktuellen Situation der Documenta wider. Wir sind von Naomi Beckwiths Expertise und internationaler kuratorischer Erfahrung überzeugt. Ihr Vorschlag für die Documenta 16 widmet sich künstlerischen Praktiken, die uns Werkzeuge an die Hand geben, um gemeinsam über mögliche Zukünfte nachzudenken."

Es war bereits der zweite Versuch, einen der prominentesten Posten in der Kunstwelt zu besetzen. Seit dem Antisemitismus-Eklat bei der Documenta Fifteen 2022 stand die Weltkunstschau massiv in der Kritik. Ende 2023 trat – unter anderem nach neuen BDS-Vorwürfen – die gesamte erste Findungskommission zurück. Der Prozess zur Ernennung einer künstlerischen Leitung für die D16 startete wieder ganz von vorn. Die Documenta 16 ist vom 12. Juni bis 19. September 2027 geplant. An dem Zeitplan wolle man festhalten, so die Organisatoren auf der Pressekonferenz am Mittwoch.