Kunstmesse Art Monte-Carlo

Berlin am Meer

Die glamouröseste Parallelveranstaltung zum Gallery Weekend: Die Kunstmesse Art Monte-Carlo hoffte auf Beifang vom Berliner Galerienwochenende. Ein Rundgang

Eigentlich war ja Gallery Weekend am vergangenen Wochenende und Berlin damit die unangefochtene Hauptstadt der Kunstwelt. Der Termin ist natürlich auch nach Genf durchgedrungen, wo mit der Messegesellschaft Palexpo auch der Veranstalter der dortigen Art Genève sitzt, der seit 2016 auch einen Ableger in Monte-Carlo betreiben. In diesem Jahr haben sie ihre Messe an der Côte d’Azur ganz bewusst auf den Termin des Gallery Weekend gelegt, wissen sie doch um die vielen Sammler nicht nur aus Europa, sondern auch aus Nordamerika und Asien, die am letzten April-Wochenende nach Berlin reisen.

Mit Privatjet und Helikopter ließen die Betreiber der Art Monte-Carlo am Wochenende Sammler von dort einfliegen, vom radikal unglamourösen Flughafen Schönefeld direkt zum angenehm angestaubt wirkenden Forum Grimaldi, dem Austragungsort der Messe, keine zehn Meter vom tiefblau strahlenden Wasser des Mittelmeers gelegen.

40 Galerien stellten im tageslichtdurchfluteten (und dadurch angenehm wenig messehaft wirkenden) Hauptraum des Veranstaltungszentrums aus, den man damit als im besten Sinne überschaubar bezeichnen kann. Neben vielen in Frankreich und Italien ansässigen Galerien waren auch einige der großen Player angereist: Gagosian fuhr mit einer Arbeit von Baselitz (300.000 Euro) und einer Gemeinschaftsproduktion von Takashi Murakami und Vermarktungsgenie Virgil Abloh, der kürzlich auf den Posten des Chefdesigners bei Louis Vuitton berufen worden war, eine mindestens heterogene Mischung auf.

Bei Perrotin war Murakami ebenfalls vertreten, hier neben mit Johan Greten, Hans Hartung und Gregor Hildebrandt. Robilant + Voena zeigte ausschließlich Arbeiten von Schnittbild-Großmeister Lucio Fontana.

Monica de Cardenas, die dank ihrer Dependance im schweizerischen Zuoz an die Eigenheiten des Kunsthandels in mondänen Urlaubsorten gewöhnt sein dürfte, bot passend zu den parallel eröffnenden Ausstellungen bei Max Hetzler in Berlin eine Hafenaufnahme von Thomas Struth (90.000 Euro) neben einer großformatige Arbeit von Alex Katz (500.000 Dollar) an.

Den wohl schönsten Stand hatte Michael Werner, der selbst natürlich nicht mehr auf die Messen fährt und stattdessen am Samstag bei einem Talk mit Kurator Norman Rosenthal in der Stiftung Brandenburger Tor eine ganze Salve gleichermaßen kulturpessimistischer wie steiler Thesen ("Heute wird viel weniger nachgedacht als noch vor 40 Jahren") abfeuerte.

Sein Ausstellungsdirektor, der für die Messe aus New York angereist war, hatte derweil eine wachsummantelte Skulptur von Markus Lüpertz zwischen ein aktuelles (2016) und ein vergleichsweise frühes (1981) Bild des Künstlers gestellt, dazu Marcel Broodthaers, Peter Doig und Francis Picabia mitgebracht und damit einen wohl kuratierten, fein aufeinander abgestimmten Auszug aus dem Programm der Galerie.

Das Highlight des Stands jedoch war eine Studie von Sigmar Polke, die in Vorbereitung auf seine Teilnahme an der Venedig Biennale 1986, für die er damals den Goldenen Löwen für den besten Pavillon erhielt, entstanden war. Polke experimentierte damals mit Lack und Silbersalz, mit auf Luftfeuchtigkeit reagierende Farbe und temperaturabhängigen Substanzen. Die Körperwärme der Besucher sollte die Farbgebung der Bilder beeinflussen. Werner zeigte in Monaco nun eine Graphit-Arbeit, auf die Polke im Zuge seiner zahlreichen Versuche Tropfen niedergehen ließ, die sich im schwammigen Graphit glasklar abzeichnen.


Bei Cortesi (Mailand, London, Lugano) wiederum gab es eine Gruppe von Erd-Studien des Öko-Konzeptkünstlers Herman de Vries und für 65.000 Euro, die es sich schon alleine aus Solidarität mit dem 86-Jährigen zu kaufen gelohnt hätte, war doch sein wild vor sich hinwachsendes Naturkunstwerk zwischen zwei Bundesstraßen in Stuttgart vor wenigen Wochen vom Grünflächenamt der Stadt niedergewalzt und in eine trostlose Steppe verwandelt worden.

 

Ein Hort für junge, coole Kunst war die Art Monte-Carlo erwartungsgemäß nicht. Immerhin: Air de Paris zeigte zwei poppige Arbeiten von Eliza Douglas.

 

Ähnlich wie in Berlin nutzten auch in Monaco sowohl die dort ansässigen Institutionen die Anziehungskraft der Veranstaltung. Das einen Gang über einen Zebrastreifen von der Messe entfernte Nouveau Musée National de Monaco präsentierte eine umfassende Ausstellung der Französin Latifa Echakhch. Und die auf einem Felsvorsprung gelegene Villa La Vigie, die schon Karl Lagerfeld als Ferienhaus diente, wurde von Nomad bespielt, einer kleinen Boutique-Messe für Kunst und sammelbare Einrichtungsgegenstände, an der Almine Rech teilnahm und die Design-Galerie Etage Projects aus Kopenhagen.

Wie die Art Monte-Carlo profitiert auch Nomad von der Steuerpolitik des Fürstentums und einer hohen Dichte an Sammlern und Kapital. Ähnlich wie auf Saint-Barthélemy, im belgischen Knokke oder im schweizerischen St. Moritz bietet Monaco den Galeristen eine große Sammlerschaft auf engstem Raum, den Sammlern wiederum hervorragende Möglichkeiten für die für sie wichtige Verknüpfung von Kunst und Lebensstil.

Fürst Albert jedenfalls schien bei seinem Besuch kurz vor der offiziellen Eröffnung der Art Monte Carlo sehr interessiert. Die Führung, die ihm Messedirektor Thomas Hug durch die Gänge der Messe gab, zögerte er ins Unendliche hinaus.