Es sind die gängigen fotografischen Sujets: Porträts, Stillleben, Straßenfotografie, Alltagsdokumentation. Doch die zwölf Fotografinnen und Fotografen eint das Erleben des Krieges, auf ganz unterschiedliche Art ventiliert in ihren Bildern.
Aleksander Chekmenev, der im Auftrag der "New York Times" Porträts von Ukrainerinnen und Ukrainern machte, gibt ihnen durch gezielte Lichtsetzung vor dunklem Hintergrund eine fast ikonische Aura. Zu seinen "Citizens of Kiev" zählt auch eine sehr junge Frau, die in Flecktarn und mit Maschinengewehr ruhig in die Kamera schaut.
Die Serie von Mykhaylo Palinchak dokumentiert grauenhafte Details aus Butscha, die Toten und die Bunker, aber auch eine kämpferisch emporgereckte Faust einer jungen Frau, mit einer Tätowierung an der Stelle, wo die Pulsadern sind: der Umriss der Ukraine, ein Zeichen, für das man getötet werden kann.
Elena Subach hat sich an der Grenze auf die Überbleibsel konzentriert, die Flüchtende hinterlassen. Und gerade die Nebensächlichkeiten, halb aufgegessenen Suppen aus Plastikschüsseln, die Teebecher auf Rote-Kreuz-Stühlen erzählen eindringlich von einer existenziellen Situation.
Manche der Fotografinnen und Fotografen arbeiteten in Friedenszeiten auf Hochzeitsfeiern. Jetzt dokumentieren sie den Krieg und tragen damit auch zu einem Bildarchiv bei, das es in der Ukraine bisher noch nicht gibt. Dass die Ausstellung überhaupt zustande kommen konnte, liegt an der Vorarbeit der ukrainischen Kuratorin Kateryna Radchenko, die bereits im Jahr 2015 das Fotofestival Odesa Photo Days gegründet hatte – auch als Reaktion auf den Angriff auf die Krim, begleitet von russischer Medienmanipulation und Propaganda.
2022 musste das Festival aufgrund des russischen Großangriffs abgesagt werden, doch die Veranstalter arbeiten daran, die Situation mit den Mitteln der Fotografie bekannt zu machen. Ingo Taubhorn, Kurator für Fotografie, entschied sich in den ersten Monaten des Kriegs spontan, die Ausstellung zu zeigen.
Die sehr unterschiedlichen Bilder in der Ausstellung "The New Abnormal" unterscheiden sich alle von Nachrichtenbildern. Das ist eine große Qualität dieser Fotografien. Sie erreichen oft gerade durch Auslassung oder Randerscheinungen eine große, berührende Unmittelbarkeit.
Monopol TV hat die Ausstellung besucht. Hier können Sie den Beitrag anschauen: