Kochkolumne von Mohamed Amjahid

Lasagne gegen Lebensmittelmultis

Fast Food macht süchtig und krank, trotzdem tut die Politik viel zu wenig gegen skrupellose Megakonzerne. Seinen Frust darüber verarbeitet unser Kolumnist zu einer frischen, hausgemachten Lasagne

Multinationale Lebensmittelkonzerne haben sich mit Regierungen in Nordamerika und Europa zusammengetan, um Menschen im Rest der Welt neokolonial zu unterdrücken. Das Wort "Lebensmittel" in Lebensmittelkonzerne wirkt dabei eher deplaziert, denn ihre Produkte bringen den Tod. 

Die modern-westliche Ernährung, die Fast-Food-Kultur und hochverarbeitete Fertigprodukte haben in vielen Regionen dieser Welt innerhalb einer Generation zu einem dramatischen Anstieg an gesundheitsgefährdender Fettleibigkeit, Diabetes und damit zusammenhängenden Erkrankungen und Todesfällen geführt. 

In Mexiko, wo eine der raffiniertesten und ältesten Küchen der Menschheit beheimatet ist, zerstören überzuckerte Softdrinks, industrielle Weizenprodukte und Co die kulinarischen Traditionen und das Leben vieler Menschen, die auch aufgrund ihrer finanziellen Schwäche auf den billigen Ramsch großer Konzerne aus den USA, Kanada und Westeuropa ausweichen müssen. 

Stets zur Hand in viel Plastik

Es handelt sich dabei oft um minderwertiges Essen, das hübsch und stets zur Hand in viel Plastik verpackt und mit großem Aufwand und Lügen beworben wird. Den Konzernen bringt die Rezeptmischung aus billigsten Rohstoffen und PR schwindelerregende Profite ein. Auf der Pazifikinsel American Samoa leben deswegen bis zu 80 Prozent der Erwachsenen mit krankhafter Adipositas. 

Auch in Kuwait leben viele Menschen mit unzähligen Krankheiten, die auf die kapitalistisch-westliche Ernährungsindustrie zurückgehen. Denn Burger, Fertigpizzen und gebratenes Fingerfood bringen die Körper der Einwohner*innen dort und anderswo schlicht durcheinander. 

In Europa und Nordamerika selbst sind vor allem Minderheiten und arme Menschen von dieser kulinarischen Gewalt betroffen: In den USA gibt es Lebensmittelwüsten, wo man kilometerweit kein frisches Obst oder Gemüse kaufen kann, aber überall Fast Food nachgeworfen bekommt. Das Euro-US-amerikanische Lebensgefühl von stets verfügbarem, "leckeren" comfort food macht uns Menschen schlicht kaputt.

Und was macht die Politik?

Was habe ich da gehört? Wer sich nicht zügeln kann, ist selbst schuld? So einfach ist es nicht. Sehr viele unabhängige, wissenschaftliche Studien haben mittlerweile belegt: Das Zeug macht süchtig, so wie Zigaretten oder Crack. Davon weiß auch ich zu berichten: Mein Gehirn verlangt manchmal nach Zucker, nach Snacks, nach hochverarbeiteten Lebensmitteln, obwohl ich weiß, dass sie nicht gut sind. Kann sein, dass ich nun für immer auf ein Sponsoring durch Coca-Cola, PepsiCo, Nestlé, Mars, Danone, Unilever oder Mondelez verzichten muss. Schade!

Und was macht die Politik? Die kurze Antwort: nichts. Mit Blick auf Deutschland fällt die ausführlichere Antwort sogar bitterer aus: Unvergessen bleibt Julia Klöckner, Ex-Verbraucherschutzministerin von der CDU. Sie beharrte darauf, dass sich die Industrie schon irgendwie selbst regulieren könne. Hat super geklappt in den vergangenen Jahrzehnten, nicht wahr? Dann tauchte Klöckner in einem Video mit dem Chef von Nestlé-Deutschland auf, um die Lebensmittelkrake in höchsten Tönen zu loben – da war sie noch in politischer Verantwortung. Das Wort "Verbraucherschutz" in ihrem Amt wirkte da eher deplatziert. 

Auch ihr Nachfolger Cem Özdemir druckst herum: Ein Werbeverbot für ungesunde Produkte im Kinderfernsehen (und wo sich die Kids sonst noch herumtreiben) lässt weiter auf sich warten. Vor allem Kinder lassen sich von Ronald McDonald, dem Tiger mit den ungesunden Cerealien oder anderen süßen Botschaftern für überzuckerte Produkte beeindrucken. Die Lobby-Koalition aus Privatfernsehen und Lebensmittelmultis ist hier wieder mal geschickter als die demokratisch gewählte Koalition zwischen SPD, FPD und Grünen, die sich nicht auf ein Verbot einigen kann. Pech gehabt, Kinder! Dann bekommt ihr halt Diabetes. 

Die böse Industrie maximal ärgern

Dass langsames Kochen mit frischen Produkten Spaß macht, oft günstiger ausfallen kann und viel besser schmeckt als die Laborerzeugnisse der Industrie, beweist diese traditionelle Lasagne. Sie tut nur so, als wäre sie aufwendig, dabei braucht sie nur ein wenig Vorfreude, um schnell in den Ofen zu wandern. Die Sauce ist aus folgenden frischen Zutaten fix in der Pfanne gezaubert: 400 g Hackfleisch (oder Hackalternativen), eine fein gewürfelte große Karotte, eine fein gewürfelte große Zwiebel, eine fein gehackte große Tomate (oder 200g gehackte Tomaten aus der Dose) und drei fein zerhackte Knoblauchzehen mit etwas Olivenöl, Salz, Pfeffer, Paprika edelsüß, etwas gehackter Petersilie, Thymian und Oregano und zwei Esslöffeln Tomatenmark gut durchbraten und beiseite stellen. 

Die Bechamel-Sauce ist auch schnell angerührt: Dafür 80g Butter in einem Topf schmelzen lassen, vorsichtig 80g Mehl hinzufügen und mit einem Schneebesen kontinuierlich umrühren. Behutsam (bitte die ganze Zeit weiterrühren) rund 800ml Milch hinzufügen. Bei geringer Hitze aufkochen lassen, bis die Sauce sahnig wird. Mit Pfeffer, Salz und Muskat abschmecken. Hier finde ich es sogar erlaubt, auf fertige Bechamel aus dem Kühlregal zurückzugreifen, solange sich die E-Stoffe in Grenzen halten. Allemal besser als diese fertigen Labor-Lasagnen aus dem Supermarkt. 

In einer mit etwas Butter oder Margarine bestrichenen Ofenform zunächst etwas Bechamel, dann die Lasagneplatten, und drüber die Hackfleischsauce geben. Ich empfehle fünf Schichten. Zuletzt die restliche Bechamel, etwas geriebenen Mozzarella und Pecorino on top. Anderer Käse geht klar. Es ist okay, wenn die Platten in der Lasagne nicht perfekt gepuzzelt sind. Das kocht eh alles ein und wird hoffentlich zu einer saftigen Angelegenheit im Ofen. Dort verweilt die Lasagne je nach Beschaffenheit zwischen 30 und 45 Minuten bei 180°C. Mit frischem Basilikum dekorieren, Salat dazu servieren und somit die böse Industrie maximal ärgern.