In den vergangenen Wochen beschäftigten sich gleich mehrere Medien mit den kulinarischen Eskapaden des Markus Söder auf sozialen Medien. "Der Spiegel", "die Taz", der erzkonservative bayerische "Merkur", alle berichteten sie über den "Söder Döner". Was war passiert?
Die US-Amerikanisierung der deutschen Parteienlandschaft ist längst vorangeschritten, in Bayern sieht es am schlimmsten aus: Bloß keine zielgerichtete, faktenorientierte Politik, lieber Konfetti und Luftballons und Fahnen und Hymnen und ein bisschen Selbstviktimisierung und emotionale Werbespots, in denen man Donuts oder eben Döner bestellt. Dazu viel, viel Identitätsgeschwafel.
Politiker:innen wie Markus Söder haben derzeit anscheinend wenig bis nichts inhaltlich zu bieten – deswegen muss das eigene Mittagessen ins Internet gekippt werden. Das lieben die Follower:innen. Mutmaßlich kaufen sich dann einige Bajuwaren T-Shirts mit "Söder Döner"-Aufdruck im CSU-Fanshop für 16,90 Euro zuzüglich Versandkosten. Sachen gibt’s!
Hauptsache Hashtag
Journalist:innen, die näher am bayerischen Ministerpräsidenten sind, berichten, dass sich Söder mittlerweile bei Kabinettssitzungen – wo es qua Amt ja um Inhalte gehen muss – mächtig langweile. Der Ministerpräsident blühe erst auf, wenn er vor seiner TikTok-Crew endlich mit Fans Social-Media-wirksam einen Döner essen gehen kann.
Dann fordert er eine #Dönerpreisbremse (ist ja egal, was das sein soll und wie es funktioniert, Hauptsache Hashtag): scharf mit alles und der Abschaffung des Asylsystems, bitte! Neulich hat Söder eine fragwürdig trocken anmutende Salami-Pizza aus einer Kabinettssitzung auf Instagram gepostet und gefragt: "#Söderisst das wirklich gern. Was ist Eure Lieblings-Pizza?"
Die Union hätte sich ihr erzkonservatives Grundsatzprogramm sparen und einfach die Captions von Markus Söder zu Herzen nehmen können. Auch Friedrich Merz hätte als in der breiten Bevölkerung unbeliebter Kanzlerkandidat bessere Chancen, wenn er ab und zu sein Mittagessen und weniger Populismus posten würde. Hmmm, oder vielleicht nicht? Weil Friedrich Merz bestimmt einen ganz schlechten Geschmack hat? Wäre ich "Spiegel"-Chefredakteur, würde ich 14 Kolleg:innen auf die Recherche ansetzen: Was isst der CDU-Vorsitzende eigentlich auf der Oppositionsbank? Diese Frage könnte in Deutschland Wahlen entscheiden. Robert Habeck kann schonmal seine Haxe mit Erbsenpüree abfotografieren, die Grünen wollen ja unbedingt an der Macht bleiben.
Aber zurück nach Bayern: Es ist Oktoberfest, das ist für die CSU quasi Weihnachten, Ostern, Wahltag und Massenabschiebung gleichzeitig. Zur Feier des Tages gibt es also Backhendl – mit einem entscheidenden Twist, der in der Panade steckt. Anders als in der bayerischen Landespolitik soll es deep schmecken: #Söderisst so etwas bestimmt nicht gern.
400g Hähnchenbrust-Medaillons gründlich waschen und abtupfen. Hähnchenbrustfilets, die man in Zwei-Finger-dicke Streifen schneidet, funktionieren auch gut. Dann eine Panierstraße bauen, bei der hoffentlich kein CSU-Verkehrsminister involviert ist: In Schüssel #1 etwas Mehl geben, in Schüssel #2 ein Ei mit etwas Salz und Pfeffer verquirlen, in Schüssel #3 die raffinierteste aller Panaden kippen.
Mit Integrität, Selbstachtung und Anstand servieren
Ja, dieses Rezept braucht etwas Vorlauf, eine politische Vision, ein realistisches Parteiprogramm, das die Menschen, ihre Umwelt und ihre Probleme ernst nimmt. Präambel: Das Trocknen der Backwaren dauert ein paar Tage in einer Papiertüte: Ein zerkleinertes getrocknetes Weizenbrötchen, eine zerkleinerte getrocknete Brezel (ich habe die altbackenen Teigwaren wie ein weitsichtiger Ministerpräsident noch etwas im Ofen geröstet), 2 EL in einer Pfanne gerösteten Sesam (der gibt dem Hendl später einen nussigen Geschmack), eine Prise Salz, Pfeffer, einen halben TL Knoblauchpulver, einen Hauch Chili und Oregano dazu. Alles in einem Mixer zu einer Panade zerhäxeln, die hält sich in sterilen Gläsern mehrere Wochen. Nachhaltigkeit wird großgeschrieben.
Die Hendl-Medaillons (oder Streifen) werden nun zuerst im Mehl, dann im Ei und zuletzt in der besten Panade des Oktoberfestes gewälzt und anschließend ausgebacken. Das geht für 8 bis 10 Minuten pro Seite in reichlich Frittieröl (danach mit Küchenrolle abtupfen) oder 20 bis 25 Minuten in der Heißluft-Fritteuse. Dann das panierte Backhendl mit etwas Olivenöl bestreichen und zwischendurch ein mal wenden. Warm mit selbst gemachten Pommes, einem Salat, Saucen nach Wahl, politischer Integrität, Selbstachtung und Anstand servieren. Markus Söder könnte so etwas nie.