Kochkolumne von Mohamed Amjahid

Fingerfood für die Absurditäten des Kunstmarktes

Während unser Kolumnist gefüllte Teigröllchen backt, denkt er über die politische Schieflage des Kunstmarktes nach. Wenn das Thema Flucht gerade in so vielen Werken präsent ist - warum profitieren die Geflüchteten so wenig davon?

Hab gehört, dass der Markt die Kunst regelt. Direktorinnen von Museen, Galerien und anderen wichtigen Kunstinstitutionen sollen sich angeblich bei Walnussbrot und Butter mit grobem Meersalz treffen und darüber entscheiden, welche Kunst demnächst zu horrenden Preisen das Kapital geschmackloser Kunstsammlungen anziehen wird. So heißt es zumindest in der Gerüchteküche. Auf dem Kunstmarkt soll es wenig um den künstlerischen Wert und mehr um die Dollarzeichen beim Hammerschlag im Auktionshaus gehen.

Und so ist mir aufgefallen, dass in den vergangenen Monaten und Jahren das Thema Flucht immer öfter in Kunstkatalogen aufgetaucht ist. Ich habe mich zum Beispiel durch die Objekte der Art Basel geklickt. Wenn ich es richtig verstehe, ist die Schweizer Kunstmesse eine Art Marktplatz für Menschen, die über zu viel Vermögen verfügen und es gern in Kunst pumpen. In Basel (und an anderen Standorten der Messe mit reichlich Kapital in Miami Beach oder Hongkong) werden mit Kunst Milliarden von Dollar umgesetzt. Das hat mich zum Nachdenken gebracht.

Natürlich müssen Künstlerinnen und Künstler von irgendetwas leben. Aber was ist mit den Geflüchteten selbst? Ihre Schicksale, Geschichten, Körper werden zur Vorlage dieser Kunstware. Jene Menschen, die auch in diesem Sommer wieder zu Hunderten, Tausenden, Zehntausenden auf dem Mittelmeer, in der Wüste zwischen Texas und Mexiko oder in den Camps für flüchtende Rohingya in Bangladesch ums Leben kommen, dürfen sich durchaus fragen: Was haben wir von der Art Basel, vom Kunstmarkt allgemein?

Die kapitalorientierte Schieflage des Kunstmarkts inwertgesetzt

Nachdem ich mir das Marktangebot an Kunst zum Thema Flucht angeschaut habe würde ich sagen: Geflüchtete haben von diesem Zirkus wenig bis nichts. Ich kann selbst beim besten Willen keinen diskursiven Mehrwert, keine höhere politische Aufmerksamkeit für das Problem erkennen. Da kauft irgendein Mäzen eine Kunstinstallation von einem brennenden Schiff auf Wasser und packt es zu seiner privaten Sammlung. Ja und? Kunstinteressierte kaufen sich ein Ticket für 67 Schweizer Franken und gucken sich die Objekte in Basel an. Ja und? Entscheiderinnen in Museen und Galerien treffen sich dort mit Kunstsammlern bei Walnussbrot und Meersalzbutter. Ja und? 

Was ich in dieser Kolumne gemacht habe: Ich habe die kapitalorientierte Schieflage des Kunstmarkts inwertgesetzt. Das bescheidene Honorar dieser Kolumne geht an die Seenotrettung. Ich deklariere das mal hier als künstlerische Intervention. Weil Kunst alles sein kann. Eine Lösung des Dilemmas: Die Einnahmen aus Kunstobjekten zum Thema Flucht fließen zu einem großen Teil an Geflüchtete. Das würde viel Sinn ergeben, dann hätte diese Kunst einen wirklichen Mehrwert für die Betroffenen von tödlichen Grenzregimen.

Die Direktorinnen der Museen und die Galeristen, das ist vielleicht die gute Nachricht, müssen nicht immer Walnussbrot essen, während sie ihren Markt managen. Sie können sich gegenseitig diese supereinfachen Teigröllchen aus dem Ofen reichen. Sie eignen sich auch als Fingerfood bei Empfängen während der Art Basel.

Auf dem Kunstmarkt ist alles erlaubt, bei der Füllung auch

Dafür habe ich dünnen Yufka-Teig in Vierecke geschnitten, die so groß wie meine Hand sind. In einer Schüssel habe ich folgende Zutaten zu einer homogenen Paste zusammengerührt: 150g grob gehackte Walnüsse, 5 TL rotes Pesto (einfach das aus dem Glas), 20g kleingehackte Petersilie, eine zerdrückte Knoblauchzehe, 50g geriebenen Pecorino-Käse, grobes Meersalz und Pfeffer. Da auf dem Kunstmarkt alles erlaubt ist, kann die Füllung je nach Geschmack angepasst werden.

Ich habe zwei Teelöffel von der Masse nah am längeren Rand der Teig-Vierecke gegeben, ihn dann gerollt und mit etwas Wasser an den Rändern versiegelt. Je nach Ofenbeschaffung sieben bis zehn Minuten bei 180°C knusprig backen und am besten warm mit einem Dip aus Joghurt, gehacktem Knoblauch, etwas Zitrone, Salz und Pfeffer servieren.