Hundebesitzer dürften den Zustand von ihren Haustieren kennen: eine innere Zerrissenheit, ein Kampf zwischen Trieb und Erziehung, der nicht selten in Übersprungshandlungen wie niesen, kratzen oder jaulen ein Ventil findet. Etwa in diese Gefühlslage gerät, wer sich mit Hans-Peter Feldmanns neuer Arbeit in den Berliner Kunst-Werken auseinandersetzt.
Eine offene Schachtel voller Milky-Way-Schokoriegel steht auf einem Sockel, die Präsentation suggeriert: „Nimm!“, aber auf dem Sockel prangt eine Plakette mit dem Schriftzug „NEIN“. Das Dilemma wird dadurch noch größer, dass man sich ganz allein in dem Raum befindet. Sigmund Freud meinte ja, dass Kunst überhaupt nur entsteht, damit der Mensch in der Öffentlichkeit nicht jault und sich auch sonst im Zaum hält. Was aber, wenn niemand zuschaut?
Die Ausstellung „ONE ON ONE“ wartet mit einer ganzen Reihe von Handlungsoptionen auf, nicht immer sind sie infam. Man kann in diese Gruppenschau mit Feldmann oder jedem beliebigen anderen Werk einsteigen, nur besser nicht mit der Künstlerliste, denn die ließe leicht an einen kuratorischen Fehlgriff glauben. Sie vereint abstrakte Malerei und Performance, einen Splatterfilm-Enthusiasten und eine Fluxus-Künstlerin, Musik, Video und einiges mehr.
Zusammengehalten wird das alles durch ein klares Konzept. Jeder Künstler bespielt einen Raum, den jeweils nur ein Besucher betreten darf: one on one eben. Und damit man wirklich ungestört bleibt, hängt man ein „Bitte nicht stören“-Schild vor die Tür. Aktuelle Bezüge – Massenbetrieb Kunst, Schwinden der Privatsphäre im Internetzeitalter – liegen nah. Die Konfrontation von Werk und Betrachter ist ureigenes, zeitloses Thema der Künstler.
Dafür sprechen auch der Einfallsreichtum und die Energie dieser Schau. Und das Mitteilungsbedürfnis wildfremder Menschen, die gerade aus einer der Kabinen kommen. Der Witz ist ja, dass man, so ganz auf sich gestellt, alles andere als allein ist.
Bei Feldmann sind Engel rechts und Teufel links mit im Raum, Freud mahnt zur Sublimierung, Michel Foucault kontert, das sei Disziplinierungsterror. In der Installation des Kollektivs Fort spukt der Geist von David Lynch durch eine verlassene Neuköllner Küche. Es gibt auch kontemplative Perlen und die Wunderkammer des Düsseldorfer Geschäftsmanns Günter K., der seine Affäre mit einer Sekretärin dokumentierte. Annika Kahrs, Massimo Bartolini, Joe Coleman und Renata Lucas stellen das Verhältnis von Anwesenheit und Abwesenheit auf den Kopf.
„ONE ON ONE“ versprüht, zum Ende der Amtszeit von Susanne Pfeffer, den typischen flavor der Kuratorin: ein bisschen abseitig, mit konzeptuellem Witz und auf Augenhöhe mit dem Publikum, vor allem aber den Künstlern.
„ONE ON ONE“, Kunst-Werke Berlin, bis 20. Januar
Eine offene Schachtel voller Milky-Way-Schokoriegel steht auf einem Sockel, die Präsentation suggeriert: „Nimm!“, aber auf dem Sockel prangt eine Plakette mit dem Schriftzug „NEIN“. Das Dilemma wird dadurch noch größer, dass man sich ganz allein in dem Raum befindet. Sigmund Freud meinte ja, dass Kunst überhaupt nur entsteht, damit der Mensch in der Öffentlichkeit nicht jault und sich auch sonst im Zaum hält. Was aber, wenn niemand zuschaut?
Die Ausstellung „ONE ON ONE“ wartet mit einer ganzen Reihe von Handlungsoptionen auf, nicht immer sind sie infam. Man kann in diese Gruppenschau mit Feldmann oder jedem beliebigen anderen Werk einsteigen, nur besser nicht mit der Künstlerliste, denn die ließe leicht an einen kuratorischen Fehlgriff glauben. Sie vereint abstrakte Malerei und Performance, einen Splatterfilm-Enthusiasten und eine Fluxus-Künstlerin, Musik, Video und einiges mehr.
Zusammengehalten wird das alles durch ein klares Konzept. Jeder Künstler bespielt einen Raum, den jeweils nur ein Besucher betreten darf: one on one eben. Und damit man wirklich ungestört bleibt, hängt man ein „Bitte nicht stören“-Schild vor die Tür. Aktuelle Bezüge – Massenbetrieb Kunst, Schwinden der Privatsphäre im Internetzeitalter – liegen nah. Die Konfrontation von Werk und Betrachter ist ureigenes, zeitloses Thema der Künstler.
Dafür sprechen auch der Einfallsreichtum und die Energie dieser Schau. Und das Mitteilungsbedürfnis wildfremder Menschen, die gerade aus einer der Kabinen kommen. Der Witz ist ja, dass man, so ganz auf sich gestellt, alles andere als allein ist.
Bei Feldmann sind Engel rechts und Teufel links mit im Raum, Freud mahnt zur Sublimierung, Michel Foucault kontert, das sei Disziplinierungsterror. In der Installation des Kollektivs Fort spukt der Geist von David Lynch durch eine verlassene Neuköllner Küche. Es gibt auch kontemplative Perlen und die Wunderkammer des Düsseldorfer Geschäftsmanns Günter K., der seine Affäre mit einer Sekretärin dokumentierte. Annika Kahrs, Massimo Bartolini, Joe Coleman und Renata Lucas stellen das Verhältnis von Anwesenheit und Abwesenheit auf den Kopf.
„ONE ON ONE“ versprüht, zum Ende der Amtszeit von Susanne Pfeffer, den typischen flavor der Kuratorin: ein bisschen abseitig, mit konzeptuellem Witz und auf Augenhöhe mit dem Publikum, vor allem aber den Künstlern.
„ONE ON ONE“, Kunst-Werke Berlin, bis 20. Januar