Gestorben 2017

In memoriam

In Gedenken: K.O. Götz, Trisha Brown, Vito Acconci und andere Künstler, Kritiker, Sammler, Kuratoren und Galeristen, die in diesem Jahr gestorben sind

2. Januar: Der britische Schriftsteller, Maler und Kunstkritiker John Berger stirbt in Paris, nur wenige Wochen nach seinem 90. Geburtstag. Berger, der seit 50 Jahren in einem französischen Alpendorf wohnte, wurde als Kunstkritiker vor allem durch sein kanonisch gewordenes Werk "Das Leben der Bilder oder die Kunst des Sehens" berühmt. Seine Karriere begann Berger indes als Maler.

16. Februar: Der griechische "Arte Povera"-Künstler Jannis Kounellis stirbt mit 80 Jahren in seiner Wahlheimat Italien. Der Maler und Objektkünstler, der mit Joseph Beuys befreundet war, ist für seine monumentalen Installationen bekannt. Aus "armen Materialien" hatte Kounellis provokante Werke geschaffen und sich vom jeweiligen Ausstellungsort inspirieren lassen. Aufsehen erregte er etwa in den 60er-Jahren mit einer Aktion in Rom, für die er zwölf Pferde in einer Galerie anband.

24. Februar: Ren Hang, der prominenteste Vertreter einer neuen chinesischen Fotografengeneration, stirbt mit 29 Jahren. Seine Bilder von meist nackten jungen Frauen und Männern in lasziven Posen wurden häufig als provokant empfunden, sie sind oft explizit und humorvoll und verletzen moralische und soziale Tabus Chinas, indem sie Genderfragen thematisieren und traditionelle Geschlechterrollen umgehen. Ren Hang, der zuletzt in Peking lebte, litt an einer klinischen Depression, die er in literarischer Form in seinem Projekt "My Depression" verarbeitete.

25. Februar: Der Stahlbildhauer Alf Lechner stirbt im Alter von 91 Jahren in Dollnstein. Die Skulpturen des vielfach ausgezeichneten Bildhauers zieren unter anderem das Münchner Maximilianeum, die Alte Pinakothek und den Flughafen in München. Am 17. April 1925 war Lechner in München auf die Welt gekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verdiente der gelernte Schlosser seinen Lebensunterhalt zunächst als Industriedesigner. Erst als er genügend Geld verdient hatte, wagte Lechner den Sprung in die freie Künstlerexistenz. Seine erste Ausstellung hatte er 1968.

1. März: Der Künstler Gustav Metzger stirbt im Alter von 90 Jahren in London. Metzger erfand in den 60er-Jahren den Begriff der "auto-destruktiven" und der "auto-kreativen" Kunst. Er entwickelte Idee und Gestaltung eines Kunstwerks, überließ es dann aber sich selbst. So plante er eine Stahlskulptur, die sich infolge von Umweltzerstörung auflöst oder installierte eine Projektion von bewegten Bilder, die durch Flüssigkristalle gebildet wurden, die sich permanent veränderten. Kunsthistoriker halten sein Werk für richtungsweisend. 

2. März: Der Fotograf David Rubinger stirbt nach schwerer Krankheit im Alter von 92 Jahren in Jerusalem. Rubinger hat rund 40 Jahre für das amerikanische Magazin "Time" im Nahen Osten fotografiert. Sein bekanntestes Foto zeigt israelische Fallschirmjäger 1967 vor der Klagemauer in der Altstadt Jerusalems. Israel hatte damals im Sechs-Tage-Krieg unter anderem den Ostteil der Stadt erobert.

5. März: Der Kunstsammler Gérard J. Corboud stirbt im Alter von 91 Jahren in der Schweiz. Der Schweizer hatte dem Kölner Wallraf-Richartz-Museum 170 Gemälde des Impressionismus gestiftet, darunter Meisterwerke von Claude Monet, Paul Cézanne und Paul Gauguin. Seitdem ist die impressionistische Sammlung des Museums eine der größten in Deutschland.

9. März: Der britische Maler und Grafiker Howard Hodgkin stirbt im Alter von 84 Jahren in einem Krankenhaus in London. Der 1932 geborene Hodgkin vertrat Großbritannien unter anderem auf der Biennale in Venedig und gewann 1985 den renommierten Turner-Prize. Seine Werke sind in Museen auf der ganzen Welt zu sehen, unter anderem im Metropolitan Art Museum und dem Museum of Modern Art in New York und der Tate Modern in London.

18. März: Die amerikanische Tänzerin und Choreografin Trisha Brown verstirbt im Alter von 80 Jahren nach langer Krankheit in San Antonio, Texas. Brown war eine der Protagonistinnen des zeitgenössischen Tanzes. Sie hatte am kalifornischen Mills College Tanz studiert, 1962 wurde sie Gründungsmitglied des Avantgarde-Ensembles Judson-Dance Theater. 1970 gründete sie ihre eigene Tanzschule, die Trisha Brown Company. Im Jahr 2007 nahm sie mit einer Arbeit an der Documenta 12 teil. Dabei waren erstmals in der Documenta-Geschichte 100 Tage lang Tanz-Performances im Museumsraum zu sehen. 

31.März: Der US-amerikanische Maler James Rosenquist stirbt im Alter von 83 Jahren. Der in North Dakota geborene Rosenquist zählt zu den bedeutendsten Vertretern der Pop-Art-Malerei. Nach seinem Kunststudium in an der University of Minnesota begann er seine Karriere Ende der 50er-Jahre in New York als Schilder- und Reklamemaler. Die erlernten Techniken übertrug er in den 60er-Jahren in die freie Malerei und begründete mit seinen großformatigen Bildern so die Pop-Art mit.

17. April: Michael O. Kewenig, Mitbegründer der Kewenig Galerie mit Sitz in Berlin und auf Mallorca, verstirbt mit 68 Jahren. Nachdem Michael Kewenig in der Galerie Rudolf Zwirner und als Anwalt gearbeitet hatte, gründete er 1986 gemeinsam mit seiner Frau Jule seine eigene Galerie in Frechen, in der Nähe von Köln. Die Galerie spezialisierte sich auf die italienische Art Povera und auf Konzeptkunst. 2003 zog man in die Kölner Innenstadt, 2004 eröffnete eine Dependance in Palma de Mallorca, 2013 verlegte die Galerie ihren Hauptsitz aus dem Rheinland nach Berlin.

20. April: Die polnische Künstlerin Magdalena Abakanowicz stirbt mit 86 Jahren in Warschau. Die am 20. Juni 1930 in Raszyn-Falenty nahe Warschau geborene Bildhauerin war für ihre riesigen hängenden Textilskulpturen bekannt. Für die Folge "Abakans" erhielt sie 1965 auf der Biennale von São Paulo den Grand Prix.

27. April: Der Performance-Pionier und Architekt Vito Acconci stirbt mit 77 Jahren. Mit der Galeristin Ileana Sonnabend realisierte er Anfang der 70er einige der verstörendsten Happenings jener Zeit – immer angetrieben von dem Willen, die Kunst aus dem White Cube zu befreien. Für seine berühmteste Arbeit "Seedbed" von 1972 kauerte er neun Tage lang je acht Stunden unter einem eigens eingezogenen Holzboden in der Galerie, auf dem die Besucher umherschritten und seine Stimme über Lautsprecher hörten. Während er onanierte, sprach er mit ihnen, teilte ihnen seine sexuellen Fantasien mit oder ging darauf ein, wie sie sich über ihm bewegten.

2. Mai: Der 77-jährige Künstler A. R. Penck stirbt nach längerer Krankheit in Zürich. Er gilt als einer der bedeutendsten Gegenwartskünstler und Vater der "Neuen Wilden". Der Maler, Grafiker und Bildhauer wurde am 5. Oktober in Dresden geboren, wurde jedoch 1980 aus der DDR ausgebürgert und siedelte in den Westen über. Penck ist mit seiner Bildsprache aus Strichmännchen mit erigierten Penissen, Kreuzzeichen, Totenköpfen und beißenden Hunden bekannt geworden. Eine Zeichenkunst, mit der er die damalige Trennung Deutschlands und die Suche des Individuums nach einer freien Gesellschaft thematisiert.

8. Mai: Der Künstler Peter Vogel stirbt im Alter von 80 Jahren. Vogel war als internationaler Pionier der Elektronischen Objekt-Klangkunst bekannt. Seit den späten 60er-Jahren hatte er der internationalen Szene der Electronic Arts starke Impulse gegeben und ist gleichzeitig mit seinem beständigen Wirken in der Oberrheinregion tief verwurzelt geblieben. Vogel war eine Woche nach seinem Tod postum mit dem Oberrheinischen Kunstpreis geehrt worden.

17. Mai: Der Maler Johannes Grützke stirbt im Alter von 79 Jahren nach schwerer Krankheit in Berlin. Einer größeren Öffentlichkeit wurde der am 30. September 1937 geborene Grützke mit seinem monumentalen "Zug der Volksvertreter" in der Frankfurter Paulskirche bekannt. Das 32 Meter lange Rundbild zeigt 160 Herren ganz in schwarz. Seine ausufernden Tableaus greifen auch die Formstrenge historischer Malerschulen auf. "Schule der neuen Prächtigkeit" nannte sich die Künstlergruppe, die der Maler 1973 unter anderem mit seinem Kollegen Matthias Koeppel ins Leben rief. Mit ihren Werken in Form gestellter "lebender Bilder" reiste die Gruppe mit großem Erfolg durch die Bundesrepublik.

6. August: Der Kulturmanager Martin Roth stirbt nach schwerer Krankheit im Alter von 62 Jahren in Berlin. Er gehörte zu Deutschlands wichtigsten Museumschefs. Von 1991 bis 2001 war Roth Direktor des Deutschen Hygiene-Museums Dresden, von 2001 bis 2011 Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und von 1995 bis 2003 auch Chef des Deutschen Museumsbundes. Von 2011 bis 2016 leitete er das Londoner Victoria and Albert Museum (V&A). Er war der erste Deutsche an der Spitze eines britischen Topmuseums.

16. August: Die italienische Künstlerin Chiara Fumai, Teilnehmerin der Documenta 13, wird in einer Galerie in Bari tot aufgefunden. Die 1978 in Rom geborene Künstlerin, die auch als DJ arbeitete, wurde dem deutschen Publikum vor allem durch ihre Performances 2012 auf der Documenta 13 in Kassel bekannt. Feminismus, Magie, Spiritismus waren Themen, die sich durchzogen in den fotografischen Arbeiten, Performances, Videos, Lectures und Installationen von Chiara Fumai.

19. August: Der Maler Karl Otto Götz stirbt im Alter von 103 Jahren in seinem Haus im rheinland-pfälzischen Niederbreitbach-Wolfenacker im Westerwald. Er gilt als Pionier der abstrakten Kunst der Nachkriegszeit. Götz war einer der wichtigen deutschen Informel-Maler, zu denen auch Gerhard Hoehme, Bernard Schultze oder Fred Thieler zählten. Berühmt wurde er mit großformatigen gestischen Schwarz-Weiß-Kompositionen, die in vielen Museen und politischen Machtzentren hängen.

5. September: Der Maler und Zeichner Arno Rink stirbt drei Wochen vor seinem 77. Geburtstag in Leipzig. Rink gilt als einer der wichtigsten Wegbereiter der Neuen Leipziger Schule und bildete auch Neo Rauch, einen der wichtigsten deutschen Maler der Gegenwart, aus. Der gebürtige Thüringer lebte und arbeitete seit Anfang der 1960er Jahre in der sächsischen Messestadt. Nach seinem Studium an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB), das er 1967 in der Fachklasse des berühmten Malers Bernhard Heisig abschloss, arbeitete Rink zunächst kurze Zeit freischaffend und wurde später zum Dozenten und Professor an der HGB berufen. Von 1987 bis 1994 war Rink Rektor der Kunsthochschule, er leitete 27 Jahre lang die Fachklasse für Malerei und Grafik.

8. September: Der französische Geschäftsmann und Kunstsammler Pierre Bergé, ehemaliger Lebensgefährte des Modedesigners Yves Saint Laurent, stirbt im Alter von 86 in seinem Haus in der Provence an den Folgen einer langen Krankheit. Bergé hatte den 2008 gestorbenen Saint Laurent über Jahrzehnte als Lebensgefährte, Manager und Vertrauensperson begleitet. Gemeinsam gründeten die beiden 1961 das berühmte Modehaus, das den Namen des Designers trägt.

9. September: Der deutsche Maler Axel Kasseböhmer stirbt nach einer langjährigen Erkrankung. Der 1952 in Herne (Nordrhein-Westfalen) geborene Künstler studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Joseph Beuys und Gerhard Richter. Seit 2001 war er selber an der Münchner Akademie der Künste in der Lehre tätig. Sein Drang, die Grenzen der Malerei auszuloten und neu zu definieren, machte ihn zu einer prägenden Figur in der Kölner Kunstszene und der deutschen Malerei. Axel Kasseböhmers Landschaftsmalerei ist unter anderem in den Sammlungen des Museum für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt, der Bundeskunsthalle in Bonn und dem Museum of Modern Art in New York verteten.

1. Oktober: Der langjährige Direktor des Museum Folkwang in Essen, Paul Vogt, stirbt im Alter von 91 Jahren in Münster. Der Kunsthistoriker leitete das Haus in Essen von 1963 bis 1988. Zu den wichtigsten Verdiensten Vogts gehörte die Rückerwerbung von 20 zentralen Werken aus der Sammlung von Museumsgründer Karl Ernst Osthaus, darunter Bilder von Paul Cézanne und Ernst Ludwig Kirchner.

26. Oktober: Der deutsche Pop-Art-Künstler Werner Berges verstirbt mit 75 Jahren. Der 1941 in Cloppenburg geborene war einer der wichtigsten Vertreter der Pop-Art in Deutschland und wurde vor allem für seine Frauendarstellungen bekannt.

Ende Dezember: New Yorker Künstler und Aktivist Tim Rollins stirbt mit 62 Jahren. Anfang der 80er-Jahre gründete der Lehrer Tim Rollins in der South Bronx ein Kunstprojekt für Problemjugendliche. Mit seinen "Kids of Survival" schaffte er es bis ins MoMA und auf die Documenta 8.