Herr Eidinger, warum sind Sie auf Instagram?
Als ich 2017 unter dem Vorsitz Meryl Streeps Mitglied der Berlinale-Jury war, fragte mich das "ZEITmagazin", ob ich für eine Woche deren Instagram-Account übernehmen würde. Ich dachte, das wäre eine gute Möglichkeit, das Publikum hinter die Kulissen schauen zu lassen. Einen Tag vor Beginn der Berlinale wurde ich von der Leitung gebrieft, dass das Veröffentlichen von Bild- und Tonaufnahmen der Jurytätigkeit Tabu sei. Mir blieb nichts anderes übrig, als alte nichtssagende Bilder von mir selbst zu posten und musste dafür viel negative Kritik in den Kommentarleisten über mich ergehen lassen. Das schreckte mich derart ab, dass ich nach einer Woche froh war, den Account wieder los zu sein. Ein halbes Jahr später wies mich ein Freund, der Fotograf @benjakon.xx darauf hin, dass jemand unter meinem Namen einen Account führen und dort Bilder von mir veröffentlichen würde. Ich bat die Person um die Zugangsdaten und hatte von diesem Moment an einen eigenen Account. Erst postete ich zaghaft erste Bilder, die ich aus Unsicherheit nach wenigen Minuten sofort wieder löschte. Heute bin ich süchtig und poste täglich.
Was zeigen Sie auf Ihrem Account?
Ich nutze Instagram (@larseidinger), um mich künstlerisch auszudrücken, zur Selbstdarstellung und um Werbung für Projekte zu machen, an denen ich beteiligt bin. Dabei hat die Viralität eine unglaubliche Power. Meine Stories schauen am Tag bis zu 17.000 Leute. Überlegen Sie mal, wie viele Plakate man kleben müsste oder Flyer verteilen, um die gleiche Wirkung zu erzielen, oder welchen Aufwand man betreiben müsste, um eine solche Masse an Menschen täglich in eine Ausstellung zu bewegen.
Was stört Sie an sozialen Medien?
Stefan Zweig hat in seiner Rede vor der Accademia di Roma 1932 "Die moralische Entgiftung Europas" nach einem Medium verlangt, das "mit dem gleichen Texte in allen Sprachen Europas erscheint und sich zum Ziele setzte, jedes Wort zu unterdrücken, das das Mißverständnis vermehrt, und auf jede Möglichkeit hinzuweisen, welche die Bindung und das Verständnis steigert, kurzum eine positive, eine optimistische, eine energienverstärkende Zeitung oder Zeitschrift, die International publiziert wird." Instagram hätte das Potential, diesem Ideal gerecht zu werden, ist aber im Gegenteil geprägt von Zynismus, Hass und Missgunst. Außerdem stören mich Influencer, die sich vollkommen unreflektiert in den Dienst großer Konzernen stellen, um daraus Kapital zu schlagen.
Was ist Ihr Lieblingsaccount?
@noeloquence NLQ WORLDWIDE Nothing you have to understand #noeloquence TO SUBMIT DO NOT QUESTION ANYTHING, EVER