"Picasso de Picasso", "Picasso primitif", "Olga Picasso", "Picasso. Le cercle de l’intime", "Picasso à la mer": Der spanische Meister wird derzeit in allen seinen Facetten beleuchtet, nicht nur in Frankreich. Mehr als 60 Institutionen haben den Künstler in den nächsten Monaten auf ihrem Programm, angefangen von Museen in Paris bis Neapel, Rom, Barcelona und Athen. Frankreichs Presse spricht mittlerweile von einer "Folie Picasso", einem Picasso-Wahn.
Picasso gilt als einer der produktivsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Experten schätzen, dass der Maler in mehr als 60 Jahren bis zu 20 000 Gemälde und Zeichnungen geschaffen hat. Dabei sind noch nicht Keramiken, Grafiken, Collagen und Plastiken berücksichtigt. Ein Gesamtwerk, mit dem sich unzählige Museen bespielen lassen. Doch der Picasso-Hype erklärt sich nicht nur mit dem unermüdlichen Schaffensdrang des Künstlers.
Für Bernard Ruiz-Picasso, den Enkel von Pablo und Olga, seiner ersten Frau, liegt einer der Gründe in Picassos Universalität. Picasso gehöre heute der ganzen Welt, erklärte der Kunstexperte. Er sei ein Instrument, um einen Großteil der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts zu verstehen.
Bernard Ruiz-Picasso gehört zu den Initiatoren des 2003 eröffneten Picasso-Museums in der spanischen Stadt Málaga, wo sein Großvater am 25. Oktober 1881 geboren wurde. Er ist Galerist und Kurator und hat an der im März im Pariser Picasso-Museum eröffneten Werkschau "Olga Picasso" mitgewirkt.
Die rund 350 Exponate illustrierten die bewegende Liebesgeschichte zwischen dem Meister und Olga, die für Picasso zur Inspirationsquelle zahlreicher "Mutter-Kind-Kompositionen" wurde. Gleichzeitig spiegelten sie Picassos künstlerische Gestaltungsweise wider, die traditionell begann und mit seiner kubistischen Malweise endete. Dazwischen lagen seine Blaue und seine Rosa Periode.
Eine Kunst, die ständig neue Sichtweisen erlaubt
Für den Direktor des Pariser Picasso-Museums verkörpert Picasso eine Kunst, die ständig neue Sichtweisen erlaubt. Sein Werk erneuere sich kontinuierlich, begründete Laurent Le Bon das ewig neue Interesse an dem Maler und Bildhauer. Zu der jetzigen Picasso-Manie hat der 48-Jährige maßgeblich beigetragen. Denn das Projekt "Picasso-Méditerranée" (etwa: Picasso-Mittelmeer), das zwischen Frühjahr 2017 und 2019 von 60 Einrichtungen in acht Ländern ausgetragen wird, darunter Italien, Spanien, Griechenland und Marokko, war seine Idee. Frankreich führt mit mehr als 35 Museen und Kulturinstitutionen die Liste an.
"Picasso de Picasso" in der Stiftung Hélène & Edouard Leclerc gehört zu jenen Ausstellungen, die unabhängig vom Projekt des Pariser Museumsdirektors entstanden sind. Das Museum in der Bretagne bei Brest zeigt über 200 Werke. Das Besondere der bis zum 1. November ausgestellten Arbeiten: Picasso hat sie sein Leben lang bei sich in seinen verschiedenen Ateliers aufbewahrt. Nach dem Tod des Künstlers ging ein Teil von ihnen als Erbe an Jacqueline über, Picassos zweite und letzte Ehefrau.
Eine andere Begründung dafür, warum Picasso ein unerschöpfliches Ausstellungsthema ist, liefert Emmanuel Guigon, der Direktor des Picasso-Museums in Barcelona. Für den Franzosen werde der Künstler nie Gefahr laufen, dass das Publikum seiner überdrüssig werde. Denn Picasso sei ein Genie. "Er ist einer der Begründer des Kubismus, einer der größten Keramiker des 20. Jahrhunderts, ein bedeutender Grafiker und Bildhauer", erklärte Guigon. Genügend Inhalt für die nächsten Jahre.
Er selbst wird Ende Oktober eine Werkschau eröffnen, die Picasso und Barcelona thematisiert. Die Hauptstadt Kataloniens, in der Picasso Kunst studierte, diente ihm auch als Inspirationsquelle zu einem seiner berühmtesten Bilder, dem Gemälde "Les Demoiselles d’Avignon", Prostituierte in Barcelona auf der rue d’Avignon.