Marcel Broodthaers’ Kunst hat es ausgerechnet in die Monnaie de Paris verschlagen. Das ist irgendwie ganz lustig. In dem imposanten Gebäude auf der linken Seine-Seite hat Frankreichs Münzprägeanstalt ihren Sitz. Seit Jahrhunderten prägt die staatliche Institution das Geld, von dem Broodthaers nur träumen konnte. Denn der Belgier war immer pleite. So erzählt es Maria Gilissen-Broodthaers bei der Eröffnung der Schau. Sie verwaltet das Werk ihres Mannes seit seinem frühen Tod am 28. Januar 1976, es war sein 52. Geburtstag. Die prekäre Situation des Künstlers lässt sich aber auch an vielen Arbeiten ablesen, die im Monnaie de Paris gezeigt werden – goldene Barren zum Beispiel, aus deren Verkauf Broodthaers das von ihm gegründete "Musée d’Art Moderne" finanzieren wollte, oder Geldumschläge, die er an die Melancholie höchstselbst verschickte.
Die Pariser Ausstellung ist die erste in einer ganzen Reihe, die in diesem Jahr dem Schaffen von Broodthaers gewidmet sind. Lange stand Gilissen in Verruf, der Forschung zum Werk ihres Mannes im Weg zu stehen. Aber das scheint nun vorbei zu sein. Schon das Monnaie de Paris bietet einen präzisen Einblick in ein umfangreiches Œuvre, das für viele mittlerweile zu einer wichtigen Referenz geworden ist. Broodthaers war nicht nur bildender Künstler, er war auch Schriftsteller, Poet, Filmemacher und für vier Jahre Direktor des besagten "Musée d’Art Moderne – Département des Aigles", aus dem nun erstmals Teile in Paris gezeigt werden.
1972 eröffnete der Künstler sein "Musée" in der Düsseldorfer Kunsthalle: mit einer "Section des figures", bestehend aus Adlerwappen und Adlertassen, Adleranstecknadeln und Adlergemälden, Adlersilberbesteck und Adlertrikots, Adlerschnapsflaschen und Adlerbüchern. Gefunden hatte er die Stücke in Museumsbeständen, Antiquariaten und auf Flohmärkten. Der Greifvogel, seit römischer Zeit ein beliebtes Machtsymbol europäischer Potentaten, hat in Frankreich nicht ganz die Bedeutung wie in Deutschland, wo er stolz auf dem Bundeswappen prangt. Doch auch in Paris verliert das Tier nicht seine Wirkung.
Selbst eine Münzstempelmaschine ist hier zu finden. Broodthaers wollte sie 1972 für sein Museum nach Düsseldorf verschiffen lassen, weil er darauf einen Adler entdeckt hatte. Aber das Budget reichte nicht aus, er konnte die Behörden von dem Transport des 2,1 Tonnen schweren Bronzegeräts nicht überzeugen. Deshalb gab es in Düsseldorf nur eine Abbildung vom sogenannten balancier d’Austerlitz. Mehr als 40 Jahre später muss sie nicht mehr als Platzhalter dienen. Broodthaers’ Museum kommt einfach zum Original. Nach dreijähriger Recherche ist es der Kuratorin Chiara Parisi gelungen, Teile der "Section des figures" des "Département des Aigles" im Monnaie de Paris erstmalig wieder aufzubauen und sogar im Sinne des Künstlers zu ergänzen. Nicht einmal das alte Etikett für die Adlerobjekte fehlt: "Dies ist kein Kunstwerk."