Zahlreiche Persönlichkeiten des internationalen Kunstbetriebs unterstützen in zwei Offenen Briefen den ehemaligen Direktor des spanischen Museums Reina Sofia, Manuel Borja-Villel. Der Museumsmann war im Januar nach 15 Jahren an der Spitze des renommierten Hauses in Madrid zurückgetreten und wird sich zu keiner weiteren Amtszeit zur Verfügung stellen. Borja-Villel war unter anderem von der rechtsgerichteten spanischen Zeitung "ABC" vorgeworfen worden, einen "monolithischen ideologischen Diskurs" zu verfolgen und sich mit der militanten Linken gemein zu machen. "ABC" behauptete zudem, es habe Unregelmäßigkeiten bei seiner vorherigen Vertragsverlängerung gegeben, was die Reina Sofia bestreitet.
Borja-Villels Umstrukturierung des Museums ist in den letzten Jahren weltweit zum Vorbild geworden. Seine Sammlungspräsentationen zeigen auch die großen Meisterwerke nicht isoliert, sondern erzählen die Kunstgeschichte im Zusammenhang mit politischer und gesellschaftlicher Geschichte. So ist in der Reina Sofia Picassos "Guernica" gemeinsam mit anderen Werken, aber auch Dokumenten zum spanischen Bürgerkrieg zu sehen.
Als einer der ersten Museumsmacher integrierte Borja-Villel Exponate aus Architektur und Design oder auch Zeitungdokumente und Fotografien in die Sammlungspräsentationen. Seine Ausstellungen zielen auf eine Revision des Kanons, ziehen die Verbindungen zur südamerikanischen Kunst und beschäftigen sich auch mit Spaniens Kolonialgeschichte.
Museum "inmitten eines Kulturkampfes"
Der Erfolg der Reina Sofia habe es inmitten eines "Kulturkampfes" platziert, der von der extremen Rechten entfesselt worden sei, heißt in einem Offenen Brief, der mit über 1000 Unterschriften auf der Online-Plattform E-Flux veröffentlicht wurde. "Die extreme Gewalttätigkeit der Attacken auf Manuel Borja-Villel und seine Umgebung beweisen, dass hier mehr auf den Spiel steht als seine Position. Diese Attacken sind Teil einer Diffamierungskampagne gegen das Modell, das dieses Museum repräsentiert."
Borja-Villel habe einen Raum geschaffen, in dem Kunstgeschichte in intimer Verbindung mit sozialem Wandel erzählt werden könne und die Reina Sofia damit zum führenden internationalen Museum gemacht, heißt es in einem weiteren Offenen Brief auf der Plattform "Hyperallergic", der unter anderem von Yilmaz Dziewior, dem Direktor des Museum Ludwigs in Köln, Rein Wolfs, Direktor des Stedelijk Museums in Amsterdam, Charles Esche, Direktor des Van Abbemuseums in Eindhoven und Bettina Steinbrügge, Direktorin des Mudam im Luxemburg unterzeichnet wurde.
"Mit seinen drei bis vier Millionen Besuchern und Besucherinnen im Jahr beweist die Reina Sofia, dass unsere Gesellschaften moderne und zeitgenössische Kunst mehr denn je wollen, und auch, dass die Art, wie dieses Museum Kunst mit dem Leben sowie unserer kollektiven Fähigkeit zur Erneuerung verknüpft, Leute sehr direkt erreicht", so schreiben die Autorinnen und Autoren des Briefes. Sie appellieren an die spanische Regierung, bei der Neubesetzung der Stelle den Kurs von Borja-Villel fortzusetzen.