Buch über Hochhaus Ponte City

Luxusversprechen und Drogenmoloch

Die interessantesten Geschichten werden gerade von Häusern erzählt. Auf der Architektur-Biennale vor zwei Jahren in Venedig gewannen Urban-Think Tank den goldenen Löwen für ihr Forschungsprojekt, das nie fertiggestellte Bürogebäude Torre David in Caracas. Die Spekulationsruine wurde ab 2007 besetzt und von ihren neuen Einwohnern in ein funktionsfähiges vertikales Dorf umgewandelt.

Ponte City prägt seit 1975 die Skyline von Johannesburg. 54 Stockwerke und 173 Meter hoch, ist der Betonzylinder zum Wahrzeichen geworden, seine Geschichte ist die der Stadt. Zum Höhepunkt des Apartheid-Systems war der Wohnturm für eine weiße, junge und gebildete Bevölkerungsschicht gebaut worden. Als sich das Land in den 90er-Jahren abrupt wandelte, wurde er zum Anlaufpunkt für ­Zugezogene aus den Townships und aus ländlichen Gegenden. Irgendwann wurde er von der Stadtverwaltung aufgegeben und zum Synonym für innerstädtischen Verfall. In Erwartung der Fußball-WM wurden ab 2007 mehr als die Hälfte der Wohnungen zwangsgeräumt, doch der Plan von Sanierung und anschließendem Verkauf von Luxuswohnungen ging nicht auf.

2008 begannen die Herausgeber des Buches "Ponte City", der Künstler Mikhael Subotzky und der Grafiker Patrick Waterhouse, Dokumente, Briefe, Bilder und Fundstücke in den verlassenen Apartments zu sammeln. Außerdem fotografierten sie jede Eingangstür, den Blick aus jedem Fenster, einige Bewohner.

Das Buch ist eine schöne und raue Dokumentation im Pappschuber, bestehend aus einem gebundenen Buch und einem Konvolut aus 17 schmalen Heften. Sie bündeln thematisch Bilder (wie zum Beispiel gesammelte Cover des Jehova-Magazins "Watchtower") und Zeitzeugenberichte, wie eine große Erzählung, die nur aus vielen kleinen Perspektiven zusammengesetzt werden kann.

"Ponte of no return" oder "The full Ponte" – egal welche Geschichte man über Südafrika erzählen will, hier hat sie stattgefunden.

Mikhael Subotzky, Patrick Waterhouse: "Ponte City". Auf Englisch. Steidl Verlag, 192 Seiten, 85 Euro