Die Ausstellung "Pacific Standard Time"

Los Angeles zu Besuch in Berlin

Los Angeles wurde bis vor Kurzem nie als ausgesprochene Kunststadt wahrgenommen. Daran ist nicht nur die alle Aufmerksamkeit aufsaugende Übermacht Hollywood schuld, sondern auch die eifersüchtige Ignoranz des Kunstzentrums New York nach dem Zweiten Weltkrieg. Zu der Zeit entstand am Ende der westlichen Welt eine Szene aus dem Nichts, die vergangenen Herbst mit dem Großprojekt „Pacific Standard Time“ endlich ihre Würdigung erhielt. Jetzt kommen ausgewählte Teile der Schau nach Berlin, und es wird klar: Dieses Los Angeles hatte nicht nur Traumvillen zu bieten, wie die Fotografien von Julius Shulman vielleicht glauben machten.

In den heruntergekommenen Ladengeschäften von Venice Beach, zwischen Ölförderanlagen, lebten Ed Ruscha, Larry Bell, Billy Al Bengston, Edward Kienholz (Porträt in Monopol 11/2011), Wallace Berman (Monopol 10/2011). So verschieden ihre Mittel auch waren – die meisten von ihnen arbeiteten mit ihrer Umgebung: riesigen Werbeanzeigen, Schrottplätzen, Karosserien. Dabei unternahmen sie nicht gerade viel, um die Vorurteile über Kalifornien zu entkräften. (Wer nicht leidet, kann auch keine anspruchsvollen Werke produzieren, lautete die Maxime in New York.) Mit schier unendlicher Freizeit gesegnet, beschäftigten sie sich ausgiebig mit Wellenreiten, Mädchen, dem Tresen von Barney’s Beanery und damit, wie der perfekte Chromglanz, ein makelloses Finish auf die Oberfläche zu bekommen war. Einen Markt gab es nicht. Der einzige Kunstkritiker, bei der „Los Angeles Times“, war grauenhaft, die Künstler machten sich nicht viel daraus.

Erst als 1957 die Ferus Gallery eröffnete, entstand langsam Öffentlichkeit – getragen vom Enthusiasmus und Wahnsinn der Gründer Walter Hopps und Edward Kienholz. Hopps, ein Nerd mit Universitätsabschluss und Krawatte, wurde Vermittler und Motor für eine Kunst, die man dort noch nie gesehen hatte.

Später sollte Andy Warhol seine erste Galerieausstellung überhaupt bei Ferus bekommen, und Hopps darf heute als deutlich unterschätztes Genie gelten, dessen Liebe zur Kunst die Liebe zu Geschwindigkeit, Fahrlässigkeit und Verausgabung noch überragte. Sein Freund und Partner Kienholz sägte ihm ein Denkmal: Die Skulptur „Walter Hopps Hopps Hopps“ ist das Monument einer Legende, die gerade erst zu wirken beginnt.

Martin-Gropius-Bau, Berlin, 15. März bis 10. Juni 2012. Liesen Sie hier ein Interview mit den Kuratoren