Ab dem heutigen 1. Januar sind Tampons und Binden keine Luxusprodukte mehr, sondern notwendige Dinge des Alltags. Zum Jahreswechsel gilt für Artikel der Monatshygiene nicht mehr der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent, sondern ein ermäßigter Satz von sieben Prozent. Ob die Produkte dadurch wirklich billiger werden, entscheidet letztlich der Handel, aber für viele Frauen ist die Maßnahme eine überfällige Anerkennung der Tatsache, dass Perioden-Artikel unverzichtbare Anschaffungen sind, und eben nicht Vergnügungskäufe und damit reine Privatsache.
Von der immer wieder geäußerten Forderung, jeder Frau das Recht auf kostenlose Monatshygiene zu gewähren, ist diese Steueranpassung natürlich noch weit entfernt. Aber immerhin beschäftigt sich die deutsche Politik mit einem Thema, das zu den hartnäckigsten Tabus der Gesellschaft gehört. Über Menstruation wird meistens nur verdruckst gesprochen (wenn überhaupt), und sehen will man davon schon überhaupt nichts.
Schon in den 60er- und 70er-Jahren wehrten sich Künstlerinnen wie Judy Chicago oder Barbara Hammer gegen das Stigma, Menstruationsblut sei schmutzig und müsse um jeden Preis versteckt werden. Chicagos Foto-Litographie "Red Flag" zeigt ein blutiges rotes Tampon, das aus einer Vagina gezogen wird - ein Bild, das auch 40 Jahre später nichts von seinem Provokationspotenzial verloren hat. Barbara Hammer inszenierte menstruierende Frauen in ihrem Film "Menses" als verehrungswürdige Naturgöttinnen und stellte diesen Bildern verschämte mit Binden bepackte Drogeriekundinnen gegenüber.
Etwas Monströses, das es zu zähmen gilt
Viel hat sich seitdem im Mainstream nicht geändert. Instagram zensiert Bilder mit Blutflecken auf Unterhosen und in der Werbung für Binden und Tampons ist immer noch von Sicherheit, Schutz und Diskretion die Rede - als wäre die Menstruation etwas Monströses, das es zu zähmen gilt.
Es gibt jedoch zunehmend neue Bewegungen, die die Monatsblutung, die nun mal die Hälfte der Weltbevölkerung betrifft, enttabuisieren wollen, und dabei spielt auch die Kunst eine große Rolle. Die schwedische Zeichnerin Liv Strömquist plakatierte beispielsweise ihre Heimatstadt Stockholm mit Bildern von Eisprinzessinnen mit Blutflecken auf dem Trikot - und erntete empörte wie begeisterte Reaktionen. Die Portugiesin Joana Vasconcelos stellte 2018 einen riesigen Kronleuchter aus Tampons im Guggenheim Bilbao aus. Und auch die Londoner Künstlerin und Designerin Lili Murphy Johnson will Menstruationsblut von etwas Abstoßendem in etwas Wertvolles verwandeln. Ihre Schmuck-Kollektion "On The Rag" besteht unter anderem aus roten funkelnden Broschen, die an Blutflecken erinnern, und Ringen in der Form von edelsteinbesetzten Binden.
Keine Frage der Zahlen
"Es gibt einen interessanten Konflikt in der Wahrnehmung des weiblichen Körpers", sagt Lili Murphy Johnson. "Einerseits wird er als so perfekt inszeniert und andererseits als so grotesk und schmutzig gesehen." Die Künstlerin spricht auch das Überangebot von Produkten für die Monatshygiene an, die alle in ihrer Vermarktung an die Idee anknüpfen, dass etwas mit dem Körper nicht stimmt und es etwas zu verstecken gibt.
Zwölf Prozent weniger Mehrwertsteuer auf diese Produkte sind also ein Anfang einer überfälligen Diskussion, aber noch lange kein Ende, weil es nicht nur um Zahlen geht. Lily Murphy-Johnsons Perioden-Kollektion war übrigens Teil ihrer Abschlussarbeit an der Londoner University of The Arts. Seitdem hat sie bereits mit großen Schmuckherstellern zusammengearbeitet. Funkelnde Blutflecken als Broschen könnten uns also in Zukunft öfter begegnen.