Seine Karriere begann mit einem lauten Knall: Kurz vor der Jahrtausendwende stellte Lennart Brede gemeinsam mit Modefotograf Peter Lindbergh im Düsseldorfer NRW Forum aus. Laut ist auch das fotografische Feuerwerk, das Brede zwei Jahrzehnte später in der Düsseldorfer Anna Ladel Galerie entzündet. Die Werke, die er in der Ausstellung "Because You Want to be Loved" zeigt, sind eine enthemmte Melange aus Motiven, Stilen und Techniken. In dieser Vielfalt liegt ihre Einheit begründet: Gemeinsam sind den 25 Werke, dass ihr Autor sich auf Zufall, Emotion und Momente einließ, die außerhalb der Ratio liegen.
Aus vielen der Arbeiten lässt sich das lesen, wofür Brede schon seit langem steht: die Phantasmagorie aus Hipness, Punk und Schweiß, die das Nachtleben in den 1990er-Jahre prägte. Brede zeigt sich in der aktuellen Ausstellung jedoch von einer anderen Seite, hat keine Werke mit besonders glossy-coolen Motive mitgebracht. Allein die kuratorische Auswahl des zentralen Motivs der Schau, "The Washing", zeigt: Der Party steht eine tiefe, aber noch immer ausdrucksstarke Nachdenklichkeit gegenüber. Die Fotografie zeigt den Athleten und das Model Lenny Müller, mit dem Brede im Jahr 2018 einen Film drehte. Müller streckt die Arme aus und lässt sich von einer mit bestückten Wäscheleine hängen. Sein Gesicht ist nach unten gewandt. Die Darstellung des muskulösen Mannes vermittelt Erschöpfung und Trauer, aber auch die würdevolle "Coolness", für die Brede bekannt sind. Wie in vielen Werken der Ausstellung hält der Künstler Momente jenseits der Fassade fest: das Dazwischen.
Ebenfalls zentral ist das Porträt des Transgender-Models Lola, das mit elektrisch-blauem Haar, strahlenden Kontaktlisen und gebleichten Augenbrauen für eine der auffälligsten Aufnahmen der Ausstellung sorgt. Auch mit dieser Arbeit aus dem Jahr 2019 hält Brede einen Augenblick fest, in dem die Professionalität von den Emotionen der Person überschattet wird. Für einen Moment erscheint das Ich hinter dem aufwändigen Styling: das Weiß des plötzlichen Kamera-Blitzes spiegelt sich in der Pupille von Lolas Augen. Das Model scheint zu wissen, was nun geschieht: Der Fotograf versucht, das Reale einzufangen – und es wird ihm, auch durch den Moment der Überraschung, gelingen.
Extrem subjektive Sicht auf die Welt
Auch andere Aufnahmen zeigen Momente jenseits der Show. Augenblicke, in denen Menschen und Dinge aus dem Konzept gebracht werden. So zeigt die Fotografie "Shanghai Ride" aus 2020 ein verlassenes Spielzeugpferd, das eigentlich gemacht wurde, um von Kindern genutzt zu werden, in trostloser Umgebung. Ähnlich ist das Werk "Air Castle" (2019): Schwimmreifen wurden aufgetürmt. Sie verlieren temporär ihre Funktion, werden unfreiwillig zur Skulptur. Für seine Fotografie "Reflection Eternal" hat Brede eine Frau durch fotografische Technik bis zur Unkenntlichkeit verfremdet. "Brancusi" aus dem Jahr 2015 zeigt ein Modell, das mit Gold übergossen scheint und regungslos in die Ferne starrt. Das Auto im Werk "Snow Car" aus 2019 kann nicht mehr fahren, weil es in dem Moment der Aufnahme von schweren Schneemassen umgeben ist.
Brede zeigt in seinen Werken eine extrem selektive und subjektive Sicht auf die Welt. Er sucht nicht nach Gegebenheiten, die er zufällig auffinden könnte. Stattdessen schafft er Situationen, die er bereits gefunden hat, auf andere Weise neu. Inspiriert wurde Brede ausgerechnet von den sachlichen Fotokünstlern Bernd und Hilla Becher. Sie sind vor allem für frontale, in minimalistischen Rastern angeordnete Schwarz-Weiß-Typologien bekannt. Auch die fast klinische Fotografie August Sanders beeinflusste ihn. Doch heute wissen wir, dass Sachlichkeit eine Illusion ist und das Medium die Wahrnehmung formatiert.