LBBW-Sammlung in Karlsruhe

Die Lücke zwischen dem Ich und dem Du

Eine Sonderschau der LBBW-Sammlung beschäftigt sich mit den Verbindungen zwischen Menschen. Auch dem Publikum auf der art karlsruhe kommt eine aktive Rolle zu

Es gibt eine Lücke zwischen dem Ich und dem Du, die immerhin überbrückt werden kann, das stellen Radiohead in ihrem Song "Where I End and You Begin" fest. Den Titel haben sich Barbara Thomann und Marie-Luise Zielonka, die Kuratorinnen der Sammlung LBBW, für eine Sonderschau in der Halle 3 ausgeliehen. Aus den über 3000 Werken im Besitz der Landesbank Baden-Württemberg wurden solche ausgewählt, die um zwischenmenschliche Beziehungen und das Thema Liebe kreisen.

Im Raum der Kunst wächst dem Publikum dabei eine aktive Rolle zu. Bei der Installation "This You Is Me" von Anike Joyce Sadiq werfen die Betrachtenden auf einer hellen Projektionsfläche einen Schatten, der von einer animierten Umrissfigur berührt wird. Ein faszinierendes Schattenspiel um Fremd- und Selbstwahrnehmung.

Neben Thomas Locher, der Sprache als Spiegel kultureller Gewohnheiten und Ausdruck von Machtverhältnissen untersucht, steht Tobias Rehberger auf der Künstlerliste, dessen Vasen als Porträts anderer Kunstschaffender schon Klassiker sind. Zu den Gefäßen gehören Blumen, die von den betreffenden Künstlerinnen oder Sammlern selbst ausgesucht wurden. Josephine Meckseper porträtiert sich in den ausgestellten Werken dagegen selbst – in der Rolle eines Mannequins als kopfloses, auf den Körper reduziertes Objekt. Weniger genderkritisch geht Rineke Dijkstra zu Werke, wenn die niederländische Fotografin mit ihren Porträts von Jugendlichen am Strand die Essenz des menschlichen Daseins zu fassen sucht.

Die jüngsten Werke der einen weiten zeitlichen Bogen spannenden Schau stammen von der 1990 geborenen Künstlerin Rebekka Benzenberg, das älteste ist das Bildnis eines jüdischen Kaufmanns, das 1904 von dem großen Impressionisten Max Slevogt gemalt wurde. Mit dem Porträt "Kommerzienrat Philipp Freudenberg" verbindet sich eine spannende, auch düstere Provenienzgeschichte, an deren Aufarbeitung die Landesbank Baden-Württemberg beteiligt ist. Unser Verhältnis zur Geschichte oder die Interaktion von Maler und Modell – auch das sind Beziehungsfragen, die in der Ausstellung "Where I End and You Begin" anklingen.

Dieser Artikel erschien zuerst in Monopol-Sonderheft zur art karlsruhe 2025.