Die Sicherheitsbedenken der Stadt und der Ordnungskräfte würden zwar respektiert, erklärten Maria Magdalena Ludewig und Martin Hammer am Mittwoch in Wiesbaden. "Die Aneignung des öffentlichen Raumes durch politische Kunst und ihr Schutz ist jedoch ein ebenso hohes Gut."
Die Stadt habe die hohen Kosten für die dauerhaft notwendige Anwesenheit der Polizei vor der Kunstinstallation angeführt. "Gleichwohl möchten wir hier in aller Entschiedenheit die Frage nach dem Preis und der Freiheit der Kunst stellen", betonten die beiden künstlerischen Leiter des Kunst- und Theaterfestivals Biennale. "Was sind wir bereit auszugeben für Veranstaltungen und Anlässe wie etwa den geplanten Staatsbesuch des türkischen Präsidenten, der mit militärischen Ehren empfangen werden wird, oder auch jedes erdenkliche Fußballspiel am Samstagnachmittag?"
Die goldene Statue von Erdogan war am späten Dienstagabend aus Furcht vor Ausschreitungen von der Stadt Wiesbaden wieder abgebaut worden. Sie sei im Rahmen des Festivals als ein Statement für die freie Meinungsäußerung aufgestellt worden, hatte der Wiesbadener Staatstheater-Intendant Uwe Eric Laufenberg die Aktion erklärt.
Für die Direktorin des Frankfurter Kunstvereins, Franziska Nori, ist die Aufregung um die Statue ein Spiegel der "Aufregungskultur" unserer Gesellschaft. "Das ist wie ein Kontrastmittel", sagte Nori. "Die Aktion bildet die Kommunikationsstrukturen unserer Gesellschaft ab." Die Kunstaktion passe perfekt "in die ganze Aufregungskultur, die wir ja im Moment alle kollektiv zelebrieren". Insofern sei das Aufstellen der Staue "eine interessante, sehr gelungene Aktion". Die Diskussionen über die Statue ähnelten anderen Debatten wie zum Beispiel um den Fußballer Mesut Özil."Es sind ja auch genau dieselben Gruppen, die sich zu Wort melden."
Die Karikaturisten Achim Greser und Heribert Lenz begrüßten die Kunstaktion. "Wir unterstützen alles, was diesen größenwahnsinnigen Führer und Despoten vorführt. Egal ob in subtil künstlerischer oder direkter politischer Form – das kann man nur gutheißen", sagte Greser der Deutschen Presse-Agentur. Greser und Lenz kennen sich mit heiklen Themen und ihren Folgen aus. Im Jahr 2015 musste eine Karikaturen-Schau in Hanau aus Furcht vor islamistischem Terror von der Polizei bewacht werden.