Art Basel Parcours

Kunst suchen in der Stadt

Genug von Messehallen und Galeriekojen? Die Sektion "Parcours" verspricht Frischluft und versteckt Installationen in der Stadt

Wenn schon Fake News, dann richtig. Die Fenster eines Baseler Apartments sind mit Zeitungsseiten zugeklebt, als fürchte sich ein lichtscheuer Bewohner vor der Sonne. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die Worte auf den verblichenen Seiten als willkürlicher Buchstabensalat. Hier bringt die Zeitung nicht die Welt nach Hause (auch wenn es die Welt von vorgestern ist), sondern schafft sich selbst eine Welt, die sich dem Sinn von Sprache verweigert.

Die Installation "Room with Notional Newspaper" des niederländischen Künstlers Mark Manders (Zeno X und Tanya Bonakdar) ist eines der Werke, die die Art Basel aus den Hallen am Messeplatz befreien und im Stadtraum rund um den Münsterplatz verteilen sollen. Die Sektion „Parcours“, zusammengestellt von dem Basler Kurator Samuel Leuenberger, leiht sich die Strategie der Ortsspezifik, um den doch etwas nüchternen Verkaufsbuden der Galerien Baselcharme entgegenzusetzen. Mark Manders verwandelt dafür eine leere Wohnung neben der Elisabethenkirche in eine verlassene Künstlerhöhle. Neben den beklebten Fenstern finden Besucher halbfertige Skulpturen und Skizzen. Der jahrhundertealte Mythos des Ateliers als Selbstporträt und Geheimnisraum scheint seine Faszination auf Künstler und Publikum nicht einzubüßen.

Das Wilde gegen das Domestizierte setzt dagegen der Franzose Pierre Huyghe (Marian Goodman) im Garten der Lesegesellschaft am Rhein. In einer verkleinerten und verkürzten Version seines Documenta-Projektes von 2012 platziert er eine seiner Skulpturen mit Bienenstock-Kopf in dem verwilderten Garten und lockt die Kunst und die Besucher aus ihren verlässlichen Innenräumen.

Eine weniger zwanglose Installation zeigt das dänisch-norwegische Künstlerduo Elmgreen & Dragset (König Galerie) im Antikenmuseum am St. Alban-Graben. In ihrer Arbeit "Hanging Rock" (ein Titel-Blinzeln in Richtung von Jeff Koons' "Hanging Heart") findet sich ein Stein in einer misslichen Lage – im wahrsten Sinne in der Luft hängend. Eingeklemmt und gehalten von zwei Teleskopstangen, wehrt er sich jedoch auch erfolgreich gegen die Schwerkraft und reiht sich so selbstbewusst in die Tradition massiger Balance-Skulpturen à la Menashe Kadishman oder Fischli und Weiss ein. Die lakonischen Kommentare zur Kunstwelt von Elmgreen & Dragset legen jedoch nahe, die Wahrheit des Felsens anzuzweifeln. Zwischen all den antiken Steinskulpturen hat sich ein Brocken aus Kunstharz eingeschlichen.  

Eine gut gelaunte Skulpturengruppe von Jessica Stockholder (Mitchell-Innes & Nash) lässt sich rund um die Wettsteinbrücke am Rhein aufspüren. Die US-amerikanische Künstlerin benutzt für ihre Werke meist quietschbunte Alltagsgegenstände, die sich respektlos ausbreiten und die Umgebung als Sockel und Unterlagen benutzen. Bei der Art Basel sind vier Installationen auf beiden Flussseiten zu sehen und können durch die Blicke der Besucher zu einer einzigen Arbeit verbunden werden. Bei gutem Wetter sieht man im Rhein auch noch die mutigen Schwimmer mit ihren wasserdichten Rucksäckchen vorbeitreiben – wahrscheinlich die beste Performance von ganz Basel.