Instagram-Fragebogen: Sebastian Späth

"Kunst ist für mich bewusste Lebensführung"

In unserem Instagram-Fragebogen stellen wir Kreative mit ambitionierten Accounts vor. Der Künstler und Journalist Sebastian Späth sieht seinen Account als Plattform für Selbstoptimierung

Warum sind Sie auf Instagram?
Ganz einfach, weil ich Kunst mache. Bis vor kurzem hätte ich hinzugefügt: Social-Media-Kunst oder Videokunst. Aber das, was ich unter Kunst verstehe, hat sich immer weiter verändert: Ich habe mein Kunststudium abgeschlossen und mache eine Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule. Deshalb produziere ich gerade keine herkömmlichen Kunstwerke. Trotzdem mache ich Kunst. Kunst ist für mich bewusste Lebensführung.

Was zeigen Sie auf Ihrem Account @seblate?
Ich versuche, das zu verkörpern, was ich unter Kunst verstehe: Selbstoptimierung. Aber vielleicht muss ich dazu etwas ausholen ... Ganz allgemein gilt für Kunst, dass kein Mensch so recht erklären kann, was sie überhaupt ist. Deshalb geht es für jeden Künstler ganz am Anfang darum, eine Herangehensweise, eine Methode zu entwickeln, wie man Kunst machen kann, ohne zu wissen, was Kunst überhaupt ist. Einen künstlerischen Ansatz. Denn Kunst zu machen, ein Bild zu malen, eine Skulptur herzustellen, einen literarischen Text zu schreiben, ist keine geregelte Arbeit, bei der man nach klaren Vorschriften oder Kundenwünschen arbeitet. Die Entscheidung, ob eine Sache Kunst ist, ob ein Bild, eine Skulptur, ein Text fertig ist, hat allein mit Gefühl zu tun: Kunst ist es dann, wenn man das Gefühl hat, besser kann ich es nicht mehr hinbekommen. Wenn man sich also verausgabt hat. Und damit dieser Zustand einen Künstler nicht völlig überfordert und in den Wahnsinn treibt, entwickelt jeder seine eigene Methode.


Wie machen Sie Kunst?
Okay, ich verrate euch meine Methode: Niemand weiß, was Kunst ist oder wie man Kunst erschaffen kann, trotzdem muss ich als Künstler Kunst machen. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als zumindest die optimalen Voraussetzungen zur Entstehung von Kunst zu schaffen, wenn ich schon nicht weiß, wie Kunst direkt geht. Ich mache das, indem ich jeden Tag das Beste gebe und zwar in anderen Bereichen außerhalb der Kunst, in denen es klare Regeln und klare Indizien für Erfolg und Misserfolg gibt. Und das positive Gefühl, das ich dadurch bekomme, wenn ich in den anderen Bereichen gut bin, versuche ich dann auf das Kunstmachen zu übertragen, so dass ich mir dadurch am Ende zutraue, die Sache, an der ich gerade arbeite, zur Kunst zu erklären. Kunst ist für mich also nicht das Kunstwerk, sondern der Selbstanspruch, das Beste zu geben, um Kunst zu machen. Es hat also, wie gesagt, mit Selbstoptimierung zu tun. Kompliziert, ich weiß.

Was stört Sie an Instagram / an sozialen Medien?
Zahlen geben hier vermeintlich Auskunft über Erfolg und Misserfolg. Mich stört nichts. Aber vielleicht kann ich erzählen, woran ich mal gescheitert bin: Als ich die Zusage von der Journalistenschule erhalten habe – die Aufnahmeprüfung hat es ziemlich in sich, muss man wissen –, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, ein Stück weit die Person zu sein, die ich immer sein wollte: als Künstler und zukünftiger Journalist. Außerdem mache ich viel Sport, kaufe gern neue Klamotten und bin tätowiert. Deshalb habe ich mich gefragt, ob ich nicht eigentlich der perfekte Influencer wäre. Ob ich nicht besser die Kunst sein lasse und stattdessen anderen Menschen vormache, wie sie auch so werden können, wie sie schon immer sein wollen. Ich musste aber schnell feststellen, dass mein ganzes Selbstbewusstsein und meine ganze Zufriedenheit darauf beruhen, dass ich Kunst mache. Und leider hat Kunst ganz viel mit Aufopferung, Leid und Enttäuschung zu tun. Das passt nicht so gut in die glatte, unterkomplexe Social-Media-Welt. Vielleicht ärgere mich darüber, dass der Lifestyle des Künstlers viel zu komplex ist, als dass man ihn auf Instagram vermitteln könnte und dass mir dadurch das Influencer-Sein verwehrt bleibt.

Was ist Ihr Lieblingsaccount?
Gerade liebe ich einen Instagram-Account namens ragealghul_creations. Ich weiß gar nicht so genau, was der eigentlich macht. Er verwandelt Schauspieler und Prominente mit Photoshop in den Comic-Bösewicht Joker. Auf ziemlich geniale Weise. Als Kind habe ich mich immer mit dieser Figur, dem bösen Clown, identifiziert. Und noch heute fühle ich mich Personen mit einer echten Besessenheit, egal ob real oder fiktiv, besonders nah. Frank Underwood aus "House of Cards" zum Beispiel.