Zu Gast: Die Ars Electronica Linz
Die Möllerei ist durchzogen von Stahlträgern, eisernen Stegen und Rampen, eine Schiene führt mitten durch sie hindurch. "Es ist nicht leicht, diesen Industriebau in einen Ausstellungsraum für Medienkunst zu verwandeln", sagt Laura Welzenbach, Head of Ars Electronica Export. "Licht und Akustik sind herausfordernd. Die Kunstwerke, die wir aussuchen, sollen den Raum ausfüllen und nicht gegen ihn ankämpfen."
Rund 20 Werke des in Linz beheimateten Ars Electronica Festival wollen die Kuratorin und ihr Kollege Martin Honzik, Director Festival Prix & Exhibitions bei Ars Electronica, zeigen, vor allem Bio-Art und KI-generierte Kunst. Viele sind in der Zusammenarbeit mit Forscherinnen und Forschern entstanden. In den Arbeiten gehe es immer um eine ästhetische Herangehensweise an einen wissenschaftlichen Kern, sagt Welzenbach. Die Schau will Kunst als Tool vorstellen, das uns die Zukunft besser verstehen lässt. "Als 'Ideenbringer für Herausforderungen', mit Positionen, die uns helfen, durch die Zukunft zu navigieren, und die Lösungen für Probleme und Utopien kreieren." Einzelne Künstlerinnen und Künstler bieten Workshops zu den Themen ihrer Arbeiten an. "Mit ihnen wollen wir Gespräche und tiefer gehende Diskussionen eröffnen", so Welzenbach, "im Sinne eines Empowerments der Besucherinnen und Besucher."
10. September bis 27. November
Das Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
Die erste Schau in der aufwendig sanierten, denkmalgeschützten Möllerei setzt sich mit Identitätsvorstellungen in einer digitalen Gesellschaft auseinander. In "Hacking Identity – Dancing Diversity" zeigt das ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe rund 25 internationale Arbeiten. "Sie eröffnen in engem Bezug zur Architektur des Industriebaus vielstimmige narrative Imaginationsräume", sagt Kuratorin Anett Holzheid. In der Ton-Video-Projektion der Künstlerin rosalie und des Komponisten Ludger Brümmer defilieren Hunde, Affen und Leguane durchleuchtet am Beobachter vorbei. Ihr "Marathon der Tiere" erinnert an Eadweard Muybridges Fotosequenzen, an Röntgentechnik und animierte Bewegungsstudien. "Es geht um Blickverhältnisse, Diversität und Pixelvielfalt unterschiedlichster Kreaturen und um Selbst- und Fremdwahrnehmung."
So auch in Hanna Haaslahtis Installation "Captured": Die Besucher können sich fotografieren lassen, um ihr Gesicht, fotorealistisch und 3-D-modelliert, als das eines Avatars wiederzufinden. Ihrem "gehackten" Abbild sehen sie dann als Akteur in einem virtuellen Mobbingszenario zu. "Die Schau porträtiert Phänomene der Auflösung, Verwandlung und Vervielfältigung", so Holzheid. "Sie ist ein kaleidoskopisches Display an Möglichkeiten, Identitäten in Bewegung zu denken."
bis 15. Mai
Das Haus der Elektronischen Künste Basel
Die Möllerei ist nicht gerade ein White Cube. "Ein Gebäude aus Stahl und Beton, sehr eindrucksvoll als Ort und mit einer gigantisch hohen Halle. Dem muss die Kunst etwas entgegensetzen", sagt Sabine Himmelsbach, Direktorin des HEK Basel und Kuratorin der Ausstellung, die sich der thematischen Säule des Programms "Remix Nature" zuordnen lässt.
Die Schau zeigt visionäre Positionen, die sich mit dem ökologischen Wandel beschäftigen. Sie untersucht ein besseres Miteinander, in dem der Mensch nicht als Herrscher über die Natur auftritt, sondern im Austausch mit ihr steht. Viele Werke machen durch den Einsatz neuer Technologien den Besucherinnen und Besuchern Phänomene der Erde, Flora und Fauna sinnlich erfahrbar, für die wir Menschen kein Sensorium besitzen. Maria Castellanos’ und Alberto Valverdes "Beyond Human Perception" (2020) etwa zeigt, wie Pflanzen und Menschen auf Musik reagieren mithilfe von Sensoren, die auf die Haut geklebt werden. Und Sissel Marie Tonn lässt sie spüren, wie sich Vibrationen der Erde anfühlen, mit einer Weste, die Erdbebendaten überträgt. Zu sehen sind 28 Virtual- und Augmented-Reality-Werke, Videos, Installationen und KI-Arbeiten.
4. Juni bis 21. August
Pure Europe
Weiß, reich, kultiviert oder christlich, das sind einige der Klischees von Europa, die die Ausstellung "Perspectives of Europe" zur Debatte stellen will. "Wir gelten historisch etwa als der christliche Kontinent schlechthin, sind heute aber der atheistischste von allen", sagt der Historiker Pit Péporté von der Luxemburger Agentur für Vermittlung von Geschichte, Historical Consulting. "Das Klischee ist nicht unbegründet, kann aber auf viele Arten infrage gestellt werden."
Die Schau will den Kontinent aus einer historischen und kulturwissenschaftlichen Perspektive betrachten. "Wir umkreisen Europa von unterschiedlichen Seiten und fragen: Womit identifizieren sich viele Europäer, bewusst und unbewusst? Welche interkontinentalen Diskrepanzen gibt es dabei? Wie sehen wir uns selbst und wie werden wir von außen wahrgenommen?" Tinker imagineers, die Agentur für innovative Ausstellungsgestaltung und Szenografie aus Utrecht, übernimmt das Design der multimedialen, immersiven Ausstellung. "Die Schau will ein kohärentes Medienerlebnis bieten", sagt Péporté, "indem sie die zentrale Frage erörtert, was Europa heute ist."
17. Dezember bis 12. März 2023