Nach zähen Verhandlungen haben sich die Kulturminister von Bund und Ländern auf erste gemeinsame Positionen im Umgang mit Kolonialobjekten geeinigt. "Wir stellen uns der historischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem deutschen Kolonialismus und der Verantwortung, die sich aus von kolonialem Denken geprägten Handlungen ergeben hat", heißt es in einer am Mittwoch in Berlin vereinbarten Erklärung. "Das während der Zeit des Kolonialismus geschehene Unrecht und seine zum Teil bis heute nachwirkenden Folgen dürfen nicht vergessen werden."
Die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte gehöre zum demokratischen Grundkonsens. "Wir wollen in engem Austausch mit den Herkunftsstaaten und den betroffenen Herkunftsgesellschaften verantwortungsvoll mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten umgehen", versprechen die Kulturminister. "Eine wichtige Rolle nehmen dabei all jene Einrichtungen ein, die Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten bewahren."
Der Vorsitzende der neuen Kulturministerkonferenz, Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD), sieht einen "sehr vernünftigen Ausgangspunkt für die weitere Diskussion". Es sei nicht Abschlusspunkt, sondern Auftakt. "Was einst unter Gewalt und Zwang angeeignet wurde, kann heute nicht guten Gewissens als rechtmäßig erworben angesehen werden." Rückgaben seien nicht nur möglich, sondern auch anzustreben. Die Runde habe vereinbart, was bereits möglich ist, und nicht auf den letzten Kompromiss gewartet.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sagte, Rückgaben stünden "erst am Anfang". Dies sei eine "Anerkennung unserer historischen Verantwortung", Deutschland habe "große Defizite und Lücken", deswegen müsse die Aufarbeitung verstärkt werden. Es gehe nicht nur um Rückgaben, sondern auch um einen "Dialog im Geist der Partnerschaft und Würde" mit den betroffenen Ländern und Gesellschaften. Dafür müsse der Austausch intensiviert werden.
Die im Auswärtigen Amt für internationale Kulturpolitik zuständige Staatsministerin Michelle Müntefering (SPD) sagte: "Gemeinsam tragen wir eine historische Verantwortung, die sich aus der Zeit des deutschen Kolonialismus ergibt." Es gebe nun "einen klaren Rahmen, um weitere konkrete Schritte und Maßnahmen zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten zu planen".
Berlin, Hamburg, Thüringen, Brandenburg und Bremen hielten noch weitergehende Positionen fest. Darin wird Kolonialismus als "System von Herrschafts-, Gewalt- und Ausbeutungsverhältnissen" bezeichnet, deren nachhaltige Spuren bis heute wirkten. Die Androhung von Gewalt habe Erwerb und Erlangung von Objekten aus kolonialen Kontexten geprägt. Dies müsse bei Restitutionsvorhaben berücksichtigt werden. Ohne das Zusatzpapier wäre eine Einigung den Angaben zufolge nicht zustande gekommen.
Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) forderte, "den hohen Erwartungen an einen verantwortungsvollen Umgang mit Objekten und Sammlungsgütern aus kolonialen Kontexten möglichst bald gerecht zu werden". Die Diskussion müsse sehr ergebnisorientiert weitergeführt werden.
Noch vor dem Treffen war bekannt geworden, dass Deutschland eine von Namibia geforderte Kreuzsäule an das im Süden Afrikas gelegene Land zurückgeben will. Der Präsident des Deutschen Historischen Museums, Raphael Gross, will dies seinem Kuratorium vorschlagen. Eine Zustimmung gilt als Formsache. Der Bund steht hinter den Plänen.
Die Säule wurde 1486 vom portugiesischen Seefahrer Diogo Cao als Landmarke am Küstenstreifen aufgestellt. 1884 kolonisierte das Deutsche Reich das Land als Deutsch-Südwestafrika. Die stark verwitterte Wappensäule wurde 1893 entdeckt und nach Wilhelmshaven gebracht, von wo sie über Kiel nach Berlin gelangte.
Angesichts zunehmender Angriffe von Rechtspopulisten auf Kultureinrichtungen machen sich die Kulturminister der Länder für die Freiheit der Kunst stark. "Eine freie und offene Gesellschaft braucht eine freie und starke Kultur", sagte Brosda in Berlin. "Wir sehen es als unsere gemeinsame Aufgabe an, diese Freiheit zu schützen und zu einem Maßstab unserer Kulturpolitik zu machen. Tendenzen der Einschränkung der Kunstfreiheit müssen wir entschieden entgegentreten."
Die Ministerrunde betonte, die Freiheit der Kunst sei Gradmesser gesellschaftlicher und demokratischer Freiheit. Aufgabe sei es, "Räume zur Ausübung dieser Freiheiten zu sichern und – wo möglich – zu erweitern".