In den meisten Fällen kommt die Publikumsbegeisterung in der Kunstszene nicht an die im Popgeschäft heran. Ausgelassene, hingebungsvolle Menschen in Museen sind eher die Ausnahme. Selbst um die expressivsten Performances sitzen oder stehen die Besucher meist ohne sichtbare Regung herum. Eine Ahnung von bedingungsloser Fanliebe weht jedoch gerade in den Berliner Gropius Bau, der diese Woche eine Kooperation mit der südkoreanischen Boygroup Bangtan Boys (BTS) gestartet hat. Die sieben Mitglieder Jin, Suga, J-Hope, RM, Jimin, V und Jungkook sind für ihre weltweit vernetzte und Anhängerschaft bekannt - und die reagiert nun mit einem digitalen Liebessturm auf die Performancereihe "Rituals Of Care", die die Kuratorinnen Stephanie Rosenthal und Noémie Solomon zusammen mit BTS konzipiert haben.
Der Tweet der Band, der das Projekt ankündigt, wurde innerhalb von einem Tag 120.000 mal geteilt, und auch der sonst eher routiniert funktionierende Account des Gropius Baus wird nun von BTS-Fans zwischen Begeisterung, Sehnsucht und Enttäuschung aufgemischt. Viele Nutzer, die sich als Mitglieder der "BTS-Army" bezeichnen, bedanken sich überschwänglich bei der Direktorin des Gropius Baus Stephanie Rosenthal, die Kunst-Musik-Verbindung möglich gemacht werden. Sogar persönliche Audienzen werden angefragt.
Andere BTS-Fans außerhalb von Deutschland geben ihrer Trauer Ausdruck, nicht live vor Ort zu sein. Eine dritte Gruppe warnt aber die K-Pop-Gemeinde vor Enttäuschungen und vor einer Verwechslung von einem Konzert und einer Performance im Museum. "Bitte Leute, das ist eine Ausstellung", schreibt Userin Sandra. "BTS wird's da nicht geben, also bitte bitte bitte benehmt euch da und lasst die Armybombs zuhause. Das ist kein K-Pop-Treffen dort, sondern KUNST! Danke." Armybombs sind von BTS designte Leuchtstäbe, die vor allem bei den Shows der Band zum Einsatz kommen. Einige Fans haben es auch schon persönlich in den Gropius Bau geschafft, posteten von dort aber eher enttäuscht. Keine Boygroup, nur im Foyer eine Soundinstallation von Cevdet Erek und die Ankündigungsplakate der Performances. "Kommt nicht umsonst den ganzen Weg hierher!!", schreibt "Yasemin".
Mit dem internationalen Projekt "Connect, BTS" wollen die Sänger nach eigener Aussage die Grenze zwischen Pop und Kunst verwischen und die Verbindung zwischen Menschen stärken. Veranstaltungen finden in Berlin, London, Buenos Aires, Seoul und New York statt. Dabei haben die Bangtan Boys mit Kuratoren zusammengearbeitet, die "mit ihrer Philosophie harmonieren." In der Performancereihe in Berlin geht es um Rituale der Fürsorge. Bis zum 15. Februar werden im Gropius Bau unter anderem Maria Hassabi, Boychild, Mette Ingvartsen, Jelili Atiku und Pan Daijing auftreten. In einem Interview mit BTS erklärt Kuratorin Stephanie Rosenthal, dass sie die Blase der klassischen Kunstwelt verlassen will. "Kunst ist wichtig für die Menschheit und die Gesellschaft. Deshalb ist es zentral für uns, uns zu öffnen", sagt sie. "Mit der Zusammenarbeit richten wir uns an ein neues Publikum." Die ersten Reaktionen deuten darauf hin, dass zumindest das gelungen ist.