Köpfe 2024

Von wem wir dieses Jahr noch hören werden

Elena Filipovic im Kunstmuseum Basel
© Lucia Hunziker

Elena Filipovic im Kunstmuseum Basel

Wer wird 2024 neue Ämter bekleiden, über wen wird der Kunstbetrieb sprechen? Ein Überblick über die wichtigsten Personalien 


Elena Filipovic, Kunstmuseum Basel

Die Kuratorin Elena Filipovic wechselt die Häuser, aber bleibt in der Stadt: Die bisherige Direktorin der Kunsthalle Basel wird ab Sommer 2024 das Kunstmuseum Basel leiten. Seit 2014 leistete die US-Amerikanerin als erste Frau an der Spitze der Schweizer Kunsthalle zuverlässige Vorarbeit beim Ausstellen neuer wichtiger Stimmen. 2022 waren es beispielsweise Alia Farid, Pedro Wirz und Michael Armitage. 

"Elena Filipovic hat die Kommission mit ihrer Vision der Zukunft des Hauses überzeugt, ihrem Leistungsausweis, ihrer Führungsqualität, ihrer mitreissenden Begeisterung für das gesamte Spektrum der Kunstgeschichte sowie ihrer Fähigkeit, Menschen für die Kunst zu begeistern", begründet Felix Uhlmann als Präsident der Kunstkommission die Wahl der 52-Jährigen.

Elena Filipovic hat gemeinsam mit Adam Szymczyks 2008 die 5. Berlin Biennale kuratiert, danach arbeitete sie als leitende Kuratorin des Wiels Centre d’Art Contemporain in Brüssel. Sie wird ihre Position im Kunstmuseum Basel mit seinen drei Standorten Hauptbau, Neubau und Gegenwart am 1. Juni antreten. Die Zeit ab der Pensionierung des jetzigen Direktors Josef Helfenstein wird die stellvertretende Direktorin Anita Haldemann zusammen mit der Geschäftsleitung überbrücken.



Mohamed Almusibli, Kunsthalle Basel

Der Schweizer Kurator und Künstler Mohamed Almusibli wird ab März Direktor der Kunsthalle Basel. Er übernimmt die Leitung der Institution von Elena Filipovic, die das Kunstmuseum Basel übernimmt. Almusibli ist Mitbegründer und Betreiber des Projektraums Cherish in Genf, der auf das Zeigen von Positionen fokussiert ist, die sonst im Kunstbetrieb wenig Gehör finden. Außerdem ist er selbst Künstler und beschäftigt sich unter anderem mit dem Verhältnis von Subjektivtät und Geschichte. 

Laut Statement ist es Mohamed Almusibli "eine Ehre", die Leitung der Kunsthalle Basel zu übernehmen, "einer Institution von beeindruckender künstlerischer Innovation und kulturellem Diskurs, die stets die Künstler*innen ins Zentrum gestellt hat und dessen Fokus sie zum Leuchtturm in der Kunstwelt gemacht hat."

Die Findungskommission für den Posten, die aus lokalen Kunstschaffenden aus Basel und externen Beratern bestand, lobte Almusibli für seine "engen Verbindungen zu zeitgenössischen Künstler*innen, seine innovative Sichtweise auf die Nutzung neuer Technologien, seinem Wissen über die lokale Kunstszene und seiner Persönlichkeit." Außerdem habe er ein überzeugendes Programm vorgeschlagen, "welches spannende aufstrebende Praktiken präsentiert und gleichzeitig einen Dialog mit historischen Positionen schafft."

Schon kurz nach seiner Ernennung kam es zu einer Kontroverse um Almusibli, als bekannt wurde, dass er zwei offene Briefe unterschrieben hat, die sich im Nahostkrieg mit den Palästinensern solidarisieren. Dazu gehört auch der inzwischen berüchtige "Art Forum Letter", der die Terroranschläge der Hamas zuerst unerwähnt ließ und die Kunstwelt tief gespalten hat. Die Kunsthalle Basel sprach ihrem neuen Direktor danach ihr Vertrauen aus

Mohamed Almusibli
Foto: Yumna Al-Arashi

Mohamed Almusibli


Antonia Ruder, Gallery Weekend, Berlin

Zum 1. November 2023 hat Antonia Ruder die Leitung des von Berliner Gallery Weekend übernommen. Sie war zuvor Kommunikationsleiterin an der Schaubühne Berlin und hat in dieser Funktion immer wieder auch auf bildende Kunst gesetzt, etwa mit Kampagnen von Berliner Künstlern wie Olaf Nicolai oder Christian Jankowski

Antonia Ruder hat Kulturwissenschaft, Kunstgeschichte und Germanistik studiert und startete ihre Karriere als Referentin für Bildende und Darstellende Kunst im Kulturkreis der deutschen Wirtschaft. Neben der kuratorischen Betreuung des Nachwuchspreises Ars Viva war sie auch an der Gründung des Arbeitskreises Corporate Collecting beteiligt. In ihrer anschließenden Tätigkeit für das Kulturengagement der BMW Group verantwortete sie die Koordination und Konzeption internationaler Kulturkooperationen, so auch für das Gallery Weekend Berlin.

"Ich freue mich sehr auf die neue Herausforderung, das Gallery Weekend Berlin als unverzichtbaren Termin im nationalen und internationalen Kunstkalender weiter auszubauen", sagte Antonia Ruder zu ihrer neuen Position. "Der Erfolg des Gallery Weekend steht für die einzigartige Galerieszene der Stadt und unterstreicht die Bedeutung des Kunstmarktstandortes Berlin. Diesen weiter zu stärken, sehe ich als meine vorrangigste Aufgabe. Mit großer Vorfreude blicke ich auf die Vorbereitung der Jubiläumsausgabe 2024."

Das Gallery Weekend wurde von einer Gruppe Galeristen gegründet, um den Kunststandort Berlin zu stärken. Maike Cruse hatte das Format für neun Jahre geleitet. Jetzt ist sie neue Direktorin der Basler Ausgabe der Kunstmesse Art Basel

Antonia Ruder
© Anne Morgenstern

Antonia Ruder


Emma Enderby, KW Institute for Contemporary Art, Berlin 

"Der Ruf von Berlin als Kunststadt ist zu 100 Prozent gerechtfertigt", sagte die Kuratorin Emma Enderby im Oktober 2023 im Monopol-Interview. Ab dem kommenden Frühjahr dürfte sie noch mehr Gelegenheit bekommen, die Szene zu erkunden. Denn dann tritt sie ihr Amt als neue Direktorin des Kunsthauses KW in Mitte an. Enderby kommt vom Münchner Haus der Kunst, wo sie seit Ende 2021 im Führungsteam um den künstlerischen Leiter Andrea Lissoni arbeitete. Zuvor war sie Chefkuratorin am New Yorker Kunsthaus The Shed, wo sie unter anderem die Ausstellungen "Ian Cheng: Life after Bob" und die Agnes-Denes-Retrospektive kuratierte. Zuvor arbeitete sie als Kuratorin für den Public Art Fund in New York und die Serpentine Galleries in London. Enderby hat an der University College London und der Universität Oxford studiert.

In Berlin wird sie Nachfolger von KW-Direktor Krist Gruijthuijsen, der das Haus seit 2016 leitet. Auf dessen Erbe will Emma Enderby weiter aufbauen. "Für mich geht es darum, wie eine Institution auf die Bedürfnisse von Künstlerinne und Künstlern reagieren kann, wenn diese ihre Arbeitsweise ändern. Die Personen, mit denen ich im Dialog stehe und mit denen ich gern zusammenarbeiten möchte, arbeiten heute oft in transdisziplinären Bereichen. Es geht auch um die Kooperation mit Positionen außerhalb der Kunstszene, seien es Aktivistinnen oder Akademiker aus anderen Disziplinen", sagte sie im Interview, das sie hier nachlesen können.

Emma Enderby
Foto: Manuel Nieberle

Emma Enderby


Jenny Schlenzka, Gropius Bau, Berlin

Im September 2023 hat die neue Direktorin Jenny Schlenzka die Leitung im Gropius Bau übernommen. Die aus Berlin stammende und zuletzt in New York arbeitende Schlenzka folgt auf Stephanie Rosenthal, die das Haus von 2018 bis 2022 geleitet hat. Rosenthal wechselte als Direktorin zum Guggenheim Abu Dhabi Project.

Bei der Berufung im März hieß es, Schlenzka wolle an Rosenthals Arbeit anknüpfen und die interdisziplinären, performativen und thematischen Ansätze im Gropius Bau weiter ausbauen. Zu ihrem konkreteren Plänen hat sich die Kuratorin bisher nicht geäußert.

Sie war seit 2017 Leiterin des Performance Space New York. Zuvor agierte sie als Associate Curator am MoMA PS1 in New York. Zwischen 2008 und 2012 war sie Assistenzkuratorin in der Abteilung für Medien- und Performancekunst am Museum of Modern Art.

Jenny Schlenzka
Foto: Aleksandra Wagner

Jenny Schlenzka

 

Iliana Fokianaki, Kunsthalle Bern

Die griechische Kuratorin Iliana Fokianaki übernimmt die Leitung der Kunsthalle Bern. Sie soll ihr Amt im Frühjahr 2024 antreten. Sie wird damit Nachfolgerin von Kabelo Malatsie, die erst Anfang 2022 nach Bern gewechselt war. Laut einer Mitteilung der Kunsthalle hat Malatsie ihre Amtszeit auf eigenen Wunsch verkürzt. 

Iliana Fokianaki wurde im Rahmen eines "Open Call" von einer Findungskommission ausgewählt. Diese würdigte ihren Vorschlag für ein mehrjähriges Programm, "das sich an den ökologischen Ansatz der Permakultur anlehnt und Künstler:innen, das Team, die breite Öffentlichkeit, verschiedene Interessensgruppen und Gemeinschaften in der Stadt Bern und darüber hinaus aktiv einbezieht."

Fokianaki hat in Oxford und London studiert und ist Gründerin des Non-Profit-Kunsthauses State of Concept in Athen. Dort zeigte sie unter anderem Forensic Architecture, Kader Attia, Kapwani Kiwanga, Laure Prouvost und Sanja Iveković. Außerdem rief sie 2020 die Forschungsplattform The Bureau of Care ins Leben, die Gespräche und Workshops über Fürsorge organisiert. Iliana Fokianaki kuratierte unter anderem Ausstellungen und Veranstaltungen für das Museum Reina Sofia in Madrid und das Kunstinstituut Melly und das Goethe-Institut in Rotterdam.  

Iliana Fokianaki
Foto: Panos Davios

Iliana Fokianaki


Florence Thurmes, Kunstsammlungen Chemnitz

Die Kunstwissenschaftlerin Florence Thurmes übernimmt die Generaldirektion der Kunstsammlungen Chemnitz und wird damit Nachfolgerin von Frédéric Bußmann. Die 42-Jährige tritt ihr Amt Anfang 2024 an. Sie war seit rund zwei Jahren Co-Chefin des städtischen Museums am Ostwall in Dortmund

Die gebürtige Luxemburgerin überzeugte laut einer Mitteilung der Stadt Chemnitz mit vielfältiger und langjähriger Berufserfahrung in der Leitung von Sammlungen, im Kuratieren von Ausstellungen sowie der Konzeption von Teilhabeformaten. Zudem sei sie bereits gut vernetzt in Sachsen, auch durch ihre Zeit bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

Thurmes studierte moderne und zeitgenössische Kunst in Frankreich, promovierte dort und arbeitete danach als Kuratorin in ihrer Heimat und Deutschland. Für sie sei es "eine einmalige Gelegenheit", die Kunstsammlungen Chemnitz ins Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt 2025 zu führen, sagte sie. Sie wolle diese mit dem Team weiterentwickeln und dabei die Menschen in Chemnitz und Umgebung einbinden, bessere Angebote für Kinder und Jugendliche machen und die Museen noch stärker vernetzen mit den "reichhaltigen kulturellen Angeboten" der Region. "Die Kunstsammlungen Chemnitz haben eine Vielzahl von Schätzen, auf die wir stolz sein können."

Thurmes wird damit Nachfolgerin von Frédéric Bußmann, der nach fünf Jahren im März 2023 an die Spitze der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe wechselte. Zu den Chemnitzer Kunstsammlungen gehören auch das Museum Gunzenhauser und das Carlfriedrich Claus Archiv. Kulturbürgermeisterin Dagmar Ruscheinsky sprach von einer "hervorragenden Besetzung". Thurmes kenne die ostdeutsche und insbesondere die sächsische Kulturlandschaft bereits im Detail.

Ein Interview mit Florence Thurmes lesen Sie hier. 

Florence Thurmes
Foto: picture alliance/dpa/Hendrik Schmidt

Florence Thurmes


Karin Hindsbo, Tate Modern, London

Wechsel an der Spitze des berühmten Londoner Museums Tate Modern: Die dänische Kunsthistorikerin Karin Hindsbo ist seit Herbst 2023 Direktorin des Hauses und damit Nachfolgerin von Frances Morris. Hindsbo, geboren 1974 in Kopenhagen, war bis dahin Leiterin des Nationalmuseums in Oslo, das sie seit 2017 mit aufgebaut hatte und das im vergangenen Jahr eröffnete. Vorher arbeitete sie an verschiedenen Museen in Norwegen und Dänemark, beispielsweise der Kunsthal Aarhus. 

Hindsbo ist die zweite Frau, und die zweite Frau in Folge, an der Spitze des renommierten Museums für moderne und zeitgenössische Kunst in London. Sie folgt auf Frances Morris, die nach sieben Jahren ihren Posten aufgibt, um eigene kuratorische Projekte zu verfolgen. Maria Balshaw, Generaldirektorin der Tate, sagte zur Personalie: "Der Erfolg des neuen Nationalmuseums in Oslo - das inmitten einer globalen Pandemie errichtet wurde - ist ein Beweis für Karins Fähigkeiten als Führungskraft. Ihr nuancierter und vielfältiger Ansatz, nationale und transnationale künstlerische Ökologien zum Ausdruck zu bringen, passt hervorragend zum Ethos der Tate Modern. Ich weiß, dass Karin zusammen mit dem hervorragenden Team  eine Vision, Kreativität und einen künstlerischen Ehrgeiz mitbringen wird, der es uns ermöglicht, auch in den kommenden Jahren neue Höhen zu erreichen."

Karin Hindsbo, designierte Direktorin der Tate Modern in London
Foto: Courtesy Tate

Karin Hindsbo, Direktorin der Tate Modern in London


Mariët Westermann, Guggenheim Museum, New York

Erstmals bekommt das Guggenheim Museum in New York eine Frau als Chefin. Mariët Westermann wird das Amt ab Juni antreten. Sie soll auch die Guggenheim Stiftung und damit zusätzlich die Museums-Außenposten in Venedig und Bilbao leiten, sowie das derzeit noch im Bau befindliche Guggenheim Museum in Abu Dhabi.

Momentan ist die 61-jährige US-Amerikanerin noch stellvertretende Chefin des Außenpostens der New York University in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sie wird am Guggenheim Museum Nachfolgerin von Richard Armstrong, der nach 14 Jahren auf dem Posten im vergangenen Sommer in den Ruhestand gegangen war. Derzeit haben Stiftung und Museen, die zu den wichtigsten kulturellen Institutionen der Welt zählen, eine mehrköpfige Übergangsleitung.


Gabi Ngcobo, Kunstinstituut Melly, Rotterdam

Die Kuratorin Gabi Ngcobo übernimmt die Leitung des Kunstinstituut Melly, ehemals Witte-de-With-Museum, in Rotterdam. Ngcobo, 1974 nahe der südafrikanischen Stadt Durban geboren, soll ihr neues Amt im Januar 2024 antreten. Sie wird damit Nachfolgerin von Sofía Hernández Chong Cuy, die das Rotterdamer Kunsthaus seit 2018 geleitet hatte. Unter ihrer Führung wurde das ehemalige Witte-de-With-Museum für zeitgenössische Kunst wegen der kolinialen Verstrickungen seines Namenspatrons in Kunstinstituut Melly umbenannt. Der neue Titel bezieht sich auf ein Kunstwerk von Ken Lum an der Außenwand des Gebäudes.

Gabi Ngcobo hat unter anderem in Johannesburg die Plattformen NGO – Nothing Gets Organised und Center for Historical Reenactments mitbegründet. Außerdem war sie 2016 Ko-Kuratorin der 32. São-Paulo-Biennale. In Deutschland ist sie vor allem als Leiterin der 10. Berlin-Biennale 2018 bekannt. Die Ausstellung stand unter dem Titel "We Don't Need Another Hero" und beschäftigte sich mit politischen Krisen und kollektiven Psychosen. Zuletzt war Ngcobo kuratorische Direktorin am Javett Art Centre an der Universität Pretoria.

Gabi Ngcobo
Foto: Courtesy Kunstinstituut Melly

Gabi Ngcobo


Francesco Manacorda, Castello di Rivoli, Turin

Der Kurator Francesco Manacorda übernimmt die Leitung des Museums Castello di Rivoli bei Turin. Damit wird er Nachfolger von Carolyn Christov-Bakargiev, die hierzulande vor allem für ihre Documenta 13 bekannt ist. Manacorda, der in Turin studiert hat und zwischenzeitlich die dortige Kunstmesse Artissima leitete, sollte seine neue Stelle an der Spitze des Castello di Rivoli am 1. Januar 2024 antreten. 

Manacorda kuratierte unter anderem die Biennalen in Liverpool (2016) und Taipeh (2018) und arbeitete für das Barbican Center und die Tate Liverpool. Bis 2022 war er Artistic Director der V-A-C Foundation des russischen Oligarchen Leonid Michelson, die einen Raum in Venedig und das Museum GES-2 in Moskau betreibt. Letzteres wurde kurz vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine eröffnet. Nach dem Beginn des Angriffskriegs legte Francesco Manacorda sein Amt nieder. Michelson ist inzwischen als Geschäftsmann mit EU-Sanktionen belegt. 

Nun wurde Manacorda von einer Findungskommission nach Italien zurückgerufen. In dem Gremium saßen Francesca Lavazza, Präsidentin des Castello di Rivoli Museo d’Arte Contemporanea, Richard Armstrong, ehemaliger Direktor der Solomon R. Guggenheim Foundation, Andrea Ruben Levi und Patrizia Sandretto Re Rebaudengo, Sammler, und Nicholas Serota, ehemaliger Direktor der Tate.

Das Castello di Rivoli ist eines der bekanntesten Museen für zeitgenössische Kunst in Italien und wird in einer ehemaligen barocken Schlossanlage beherbergt. Zu den früheren Direktoren gehört auch Rudi Fuchs, Kurator der Documenta 7. 

Francesco Manacorda
Foto: Castello di Rivoli

Francesco Manacorda


Adriano Pedrosa, Venedig-Biennale

Die Kunstbiennale in Venedig wird in ihrer 60. Ausgabe vom Brasilianer Adriano Pedrosa kuratiert und soll sich vornehmlich mit Migration und Exil beschäftigen. Im Fokus steht zudem die Erfahrung der Fremdheit. Der Titel der Biennale in der norditalienischen Lagunenstadt ist "Stranieri Ovunque - Foreigners Everywhere" (Fremde überall).

Das Fremdsein und -fühlen wird in der Ausstellung eine wichtige Rolle spielen. "Wo auch immer man hingeht und wo auch immer man ist, wird man immer auf Fremde treffen. Sie/wir sind überall. Unabhängig von dem Aufenthaltsort ist man im Grunde immer ein Fremder", kommentierte Pedrosa das Thema der Kunstbiennale.

Der 57-Jährige ist derzeit künstlerischer Leiter des Museum de Arte de São Paulo Assis Chateaubriand (MASP). Er ist der erste brasilianische Kurator der Venedig-Biennale, und auch der erste aus der südlichen Hemisphäre.

Zuvor war er mehrmals Co-Kurator der Biennale de São Paulo (1998 und 2006), verantwortlicher Kurator für Ausstellungen und die Sammlung am Museu de Arte da Pampulha, Belo Horizonte (2000-2003), Co-Kurator der 12. Istanbul Biennale und künstlerischer Leiter beziehungsweise Kurator weiterer Biennalen.

Die Ausstellung in Venedig wird vom 20. April bis zum 24. November in den Giardini, dem Arsenale und an weiteren Orten stattfinden.

Adriano Pedrosa
Foto: Daniel Cabrel, Courtesy Museu de Arte de São Paulo Assis Chateaubriand

Adriano Pedrosa


Pietrangelo Buttafuoco, Venedig-Biennale

Wen man auch fragt, in der Kunst hatte noch niemand mit Pietrangelo Buttafuoco Kontakt. Der zukünftige Leiter der Biennale von Venedig – für alle Sparten – ist in der Kunstwelt bislang ein Unbekannter, sofern man nicht Kennerin der italienischen politischen TV-Landschaft ist oder rechtspopulistische italienische Zeitungskolumnen liest. 

In der internationalen Museumslandschaft, in Kuratoren- und Kritikerkreisen oder auch bei Künstlerinnen und Künstlern selbst herrscht bislang angespannte Ratlosigkeit, wenn die Sprache auf den künftigen Leiter der "Mutter aller Biennalen" kommt. Immerhin, auf Rai5 moderierte Buttafuoco mal die Sendung "Questa non è una pipa" in Anlehnung an René Magrittes bekanntes Pfeifen-Bild. Dort äußerte er sich süffisant über Kunst.

Als Laudator und Diskussionsteilnehmer gibt sich Buttafuoco, ein Vertrauter der Premierministerin Giorgia Meloni und Freund des Kulturministers Gennaro Sangiuliano, als rechter Freigeist, immer bereit zur ästhetischen Revolution. Zuletzt hatte er im Sommer eine Lobpreisung des "Architektalieners" (architaliano) Silvio Berlusconi verfasst. 

Buttafuoco hat keine Berührungsängste mit der Lega und den regierenden Neofaschisten Fratelli d’Italia, die seine Ernennung als "Eroberung eines linken Hoheitsgebietes" bezeichnen. Die offizielle Amtseinführung von Buttafuoco wird erst im März stattfinden, dann endet auch die Amtszeit des erst seit 2020 amtierende Biennale-Präsident Roberto Cicutto. Melonis Kabinett hatte erklärt, den ganzen Kultursektor des Landes von der „linken Hegemonie“ zu befreien. Buttafuoco soll für erste Kontakte bereits in Venedig gewesen sein. Wie gestaltet sich die Begegnung mit dem Leiter der diesjährigen Kunstbiennale, dem Brasilianer Adriano Pedrosa? Er wird zur 60. Biennale im Arsenale und im Zentralpavillon die Ausstellung "Fremde überall" kuratieren und die Themen Migration, Flucht und Rassismus bearbeiten.

Pietrangelo Buttafuoco
Foto: CC via Wikimedia Commons

Pietrangelo Buttafuoco


Michelle Cotton, Kunsthalle Wien

Nach langer Suche steht die neue Leitung der Kunsthalle Wien fest. Die Kunsthistorikerin und Kuratorin Michelle Cotton übernimmt den Posten in diesem Jahr vom Kollektiv WHW. Cotton, geboren 1977 im englischen Preston, soll das Amt im Sommer 2024 antreten. Derzeit ist sie Programmleiterin am Mudam, dem nationalen Museum für zeitgenössische Kunst in Luxemburg, und war zuvor unter anderem Direktorin des Bonner Kunstvereins. 

"Es freut mich, mit Michelle Cotton eine international renommierte Kuratorin für die Kunsthalle Wien gewonnen zu haben. Mit ihrem bisherigen Wirken hat sie Weitblick und Spürsinn bewiesen, und zwar sowohl für virulente gesellschaftspolitische Themen als auch für Künstler*innen, die mit großen Setzungen unsere Zeit im Spiegel der Kunst reflektieren", kommentierte Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler die Personalie. 

Cotton wird Nachfolger des dreiköpfigen Kollektivs WHW (What, How & for Whom) aus Zagreb, das die Leitung der Kunsthalle 2019 von Nicolaus Schafhausen übernommen hatte. Die Nichtverlängerung des Vertrags für die Kuratorinnen Ivet Curlin, Nataša Ilic und Sabina Sabolovic hatte für Unruhe in der Wiener Kunstszene gesorgt, ein Mitglied des Aufsichtsrat hatte deshalb sogar sein Amt niedergelegt. WHW hatten kritisiert, dass ihnen keine hinreichenden Gründe für die Ablehnung ihrer erneuten Bewerbung vorgelegt worden seien. Nach einer ersten erfolglosen Auswahlrunde wurde der Posten Ende 2022 erneut ausgeschrieben. Laut Pressemitteilung setzte sich Michelle Cotton nun gegen 37 Mitbewerberinnen und -bewerber durch. 

"Ich bin begeistert von der Chance, die Kunsthalle Wien in ihr nächstes Kapitel zu führen", sagt die designierte Leiterin selbst. "Die Ereignisse der letzten Jahre haben bewirkt, dass Kunstinstitutionen überall auf der Welt einen Prozess der kritischen Selbstbefragung initiiert haben - die Kunsthalle Wien bildet da keine Ausnahme. Es ist also eine aufregende Zeit, um in der Kunst zu arbeiten und zugleich ein Privileg, eine Institution zu leiten, die eine Säule der zeitgenössischen Kultur in Wien ist, einer Stadt, in der für die Gesellschaft Kunst und Kultur eine zentrale Rolle spielt."

Die Kunsthalle Wien ist das Ausstellungshaus der Stadt Wien für internationale Gegenwartskunst und Diskurs. Sie hat zwei Standorte im Museumsquartier sowie am Karlsplatz.

Michelle Cotton
Foto: Wolfgang Voglhuber

Michelle Cotton