Cameron Diaz, Quentin Tarantino, Justin Timberlake: Zahllose Stars hat die Fotografin Kiki Kausch in Kai Diekmanns Büro während seiner Zeit als Chefredakteur der "Bild" porträtiert. Ihr Konzept: Drei Minuten alleine mit dem Prominenten, keine zusätzliche Beleuchtung, kein extra Make-up. Die Idee kam spontan: Kausch, ehemalige TV-News-Redakteurin, traf Diekmann auf einem Sommerfest, bei Rotwein diskutierten sie über Fotografie. Irgendwann fragte Diekmann, ob Kausch Lust hätte, am nächsten Tag in seinem Büro Matt Damon zu fotografieren. Kausch sagte ja. In der Folge rief er sie immer an, wenn sich ein Star zum Interview ankündigte. So entstand eine eigenwillige Porträtserie.
Kiki Kausch, ganz allein mit einem Promi in Kai Diekmanns Büro – was passiert in diesen drei Minuten?
Da findet etwas statt, was es sonst kaum gibt: Ich konnte ein Porträt machen von einem Hollywoodstar, ohne, dass alles kontrolliert wurde, ganz ohne Vorgaben. Das war meist für beide Seiten ein Sprung ins kalte Wasser und für mich als Fotografin die totale Freiheit. Ich habe immer versucht, die Stimmung zu spüren und darauf zu reagieren. Das hat meistens sehr gut funktioniert.
Und wenn nicht?
Natürlich habe ich mit einigen besser harmoniert als mit anderen. Justin Timberlake zum Beispiel, für viele ja einer der Superstars überhaupt, habe ich als sehr steril und unfrei empfunden.
An welche Begegnung erinnern Sie sich dagegen besonders gern?
Lustig war es mit Wesley Snipes. Ich hab ihn gefragt, ob er Angela Merkel kennt, und er sagte "ja". Da habe ich ihm ein Schild mit der Aufschrift "I love Angela Merkel" in die Hand gedrückt und ihn neben der Fotografie von Helmut Kohl im Büro platziert. Er war sich nicht ganz sicher, ob er das wirklich will, aber ich habe ihn da nicht mehr rausgelassen.
Das Shooting mit Steven Spielberg am 13. November 2015 war sicher weniger leicht.
Das stimmt. Das war der Abend der Terroranschläge in Paris. Die Stimmung war melancholisch und nachdenklich, wir waren beide sehr mitgenommen. Insgesamt haben wir vielleicht zwei Sätze gewechselt, sonst nonverbal kommuniziert. Das Bild ist auch ein Stück Zeitgeschichte.
Ihr Buch zur Serie heißt "Machtraum". Ist das, was Sie in Diekmanns Büro am stärksten gespürt haben, Macht?
Macht war in diesem Raum sehr präsent. Die "Bild"-Zeitung ist ein mächtiges Medium, und das Büro ihres Chefredakteurs ist quasi ihr Herz. Auch all die Menschen, die ich dort fotografiert habe, sind in gewisser Weise mächtig, sie sind sehr bekannt, viele Menschen schauen zu ihnen auf. Es war spannend zu sehen, wie sie sich in Diekmanns Büro verhalten.
Haben Sie als Fotografin in diesen Momenten auch so etwas wie Macht gespürt?
Macht bedeutet in diesem Kontext für mich Freiheit. Ich hatte die Freiheit, das Bild so zu gestalten, wie ich wollte. Also hatte ich auf jeden Fall auch Macht. Man spürt sofort, wenn sich jemand hingibt, der Situation ausliefert. Andere wollten durch bestimmte Posen die Kontrolle behalten.
Mächtige lassen sich ja schon immer porträtieren. Doch keines Ihrer Bilder gleicht den typischen Darstellungen von Königen, Politikern, Stars, die man aus der Kunstgeschichte oder von ikonischen Fotos kennt.
Weil ich mich nicht bewusst inspirieren lasse, kaum in Ausstellungen gehe. Ich möchte unvoreingenommen sein, deswegen erkennt man kein Muster in der Serie, denke ich.
Eines der stärksten Bilder ist das Porträt von Kai Diekmann in seinem leeren Büro, am Ende seiner Karriere als Chefredakteur der "Bild". Wie haben Sie das Shooting erlebt?
Das war schon sehr emotional. Das Büro war komplett ausgeräumt, es war sein allerletzter Tag. Was in diesem Raum alles passiert war! Ich wusste sofort, dass er sich an der Stelle auf den Boden setzen sollte, wo früher sein Schreibtisch stand.
Haben Sie in diesem Fall auch nur drei Minuten gebraucht?
Nein, für das Bild habe ich mir länger Zeit genommen, um das Projekt in Ruhe abzuschließen. Das war eine sehr besondere Situation – jemand posiert im Moment des Machtverlusts in seinem alten Machtraum.