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Im Juli zog Künstlerin Hito Steyerl ihren Beitrag von der Documenta Fifteen ab – als Reaktion auf den Eklat um antisemitische Darstellungen auf einem Werk des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi und "die wiederholte Weigerung, eine nachhaltige und strukturell verankerte inklusive Debatte rund um die Ausstellung zu ermöglichen", wie sie sagte. Die Entscheidung folgte auf den Rücktritt von Meron Mendel, Direktor der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, als Documenta-Berater.
Nun läuft der Film doch wieder in Kassel, allerdings nicht als Teil der Weltkunstausstellung. Am heutigen Donnerstag, 1. September, wird "Animal Spirits" ab 18 Uhr in einer Sondervorführung im Film-Shop gezeigt, der nach eigenen Angaben ältesten Videothek der Welt. Für die Documenta hatte Steyerl, eine der prominentesten der rund 1500 vertretenen Künstlerinnen und Künstler, mit der spanischen Künstlergruppe Inland und dem Recherche-Kollektiv Other Internet eine Rauminstallation mit Videos, KI-basierten Wandprojektionen und Pflanzen geschaffen.
Vor der Vorstellung im Film-Shop wird es eine Einführung durch die Künstlerin und den Schauspieler Mark Waschke geben, der in dem Film den Ökonom John Maynard Keynes spielt. Auf diesen geht auch der Titel der Arbeit zurück. Keynes hatte mit seinen Wirtschaftstheorien zu instinktgesteuerten menschlichen Emotionen den Begriff "Animal Spirits" ("animalische Instinkte") geprägt. In Steyerls Film geht es unter anderem um eine Reality-Show für Schäfer und den Kampf gegen invasive Wölfe. Außerdem werden Themen wie Künstliche Intelligenzen, Kryptowährungen und die Höhlenmalereien von Lascaux behandelt.
Die 1975 gegründete und vom Verein Randfilm betriebene Videothek beherbergt neben einem Filmverleih auch ein kleines Kino mit 30 Sitzplätzen. Für die heutige Vorführung von Steyerls Film sind bereits alle Plätze vergeben. Man freue sich über die große Resonanz, hieß es von Seiten der Veranstalter gegenüber Monopol. Man denke bereits über eine zweite Vorführung nach. Im Anschluss an das Screening kann man die DVD mit dem 26-minürigen Film gegen Pfand ausleihen – allerdings gibt es nur ein Exemplar. Wer also nicht mehr in den Kinosaal kommt, kann sich auf die Warteliste setzen lassen und mit etwas Geduld die Videoarbeit im heimischen Wohnzimmer schauen.