Es ist der zweite Besuch der deutschen Fotografin in Nordkorea. Im Vergleich zu den 80er-Jahren hatte sich 2017 das Stadtbild verändert, es habe sich eine Mittelschicht entwickelt und die Versorgungslage sei besser geworden, erinnert sich Ulrike Crespo. Der Grad an Freiheit? Unverändert. Das letzte orthodox marxistische Land ist eine Parallelwelt, isoliert, geprägt von Sanktionen, beherrscht von einem Führerkult. An den Geburtstagen der Staatsführer oder Jubiläen der Staats- und Parteigründung präsentieren sich die Nordkoreaner in traditioneller Festtagskleidung – strikt nach Anordnung.
Die allgegenwärtige Erziehungsdiktatur macht sich auch auf manchen Bildern von Ulrike Crespo bemerkbar. Die oftmals eigenwillig angeschnitten Fotos wirken wie Schnappschüsse. Sie scheinen das abzulichten, was neben offiziellem Staatsereignissen abläuft: wie sich die Zuschauermenge in traditioneller Kleidung auf der Tribüne unterhält, wie ein Mann auf der Straße kocht, eine Frau im Friseursalon ihre Haare zurückwirft. Man merkt, dass die Gesellschaft stolz und selbstbewusst ist. Herzlich gelacht wird jedoch auf keinem der Bilder. Es sind sensible Aufnahmen einer verborgenen, befremdlichen Welt. Sie wirkt auf den Fotos streng, kontrolliert, leicht unterkühlt.
Tatsächlich sind es bitterkalte Tage, als Ulrike Crespo 2017 ihre Kamera durch die sozialistische Kulisse wandern lässt. Kälte bringen auch die politischen Spannungen. Die abgeschottete, totalitär regierte Insel hält den Rest der Welt durch Atomwaffentests und Testflüge von Interkontinentalraketen in Atem. Der seit 1950 anhaltende Kriegszustand mit Südkorea erreichte einen neuen Höhepunkt. Ob die kühle Atmosphäre auf den Fotografien Ulrike Crespos der Zeit geschuldet ist oder der politischen Lage im Allgemeinen bleibt offen.