Widerstand gegen Neubau

Köln tut sich schwer mit seinem Jüdischen Museum

Köln (dpa) - Eigentlich könnten sich die Kölner freuen. Sie haben in der Erde gegraben und einen Schatz gefunden: das Judenviertel aus dem Mittelalter. Komplett mit Tanzhaus, Hospital, Bäckerei und Synagoge. Eine Stadt in der Stadt, eine Miniaturwelt zusammengedrängter Häuser mitten im Zentrum auf dem Rathausplatz. Natürlich sind es Ruinen - man braucht etwas Fantasie, um sich vorzustellen, wie das Ganze einmal ausgesehen hat. Doch ausländische Experten zeigen sich immer wieder begeistert. Köln selbst tut sich dagegen schwer mit dem Fund.

Zwar hat der Stadtrat 2011 beschlossen, die Fundstätte für 52 Millionen Euro mit einem Museum zu überbauen. Aber der Beginn der Bauarbeiten wird immer wieder verschoben; Leitungen müssten noch verlegt werden, heißt es bei der Stadt. Kritiker stellen das Projekt derweil in Frage.

Im Internet werden Unterschriften dagegen gesammelt. Begründung: Die Stadt habe kein Geld und kein Konzept. «Wir halten die Planung für nicht ausgereift», sagt einer der Initiatoren, Frank Deja von der Bürgerbewegung «Köln kann auch anders». Bisher sind allerdings erst 3000 Unterschriften beisammen. Ein anderer Kritiker, der Architekt Peter Busmann, beklagt, der geplante Bau sei nichts Halbes und nichts Ganzes. Aus Kostengründen sei der Umfang um ein Drittel reduziert worden. «Genau um die Funktionen, die das Ganze lebendig gemacht hätten: Begegnungsstätte, Restaurant und so weiter.»

Wozu noch ein Museum?

Ein anderes Argument, das häufig vorgebracht wird: Köln habe doch schon so viele Museen. Wozu noch eins? Besser erstmal die alten renovieren. Das allerdings ist längst beschlossen, wie Stadtsprecherin Inge Schürmann betont: 27 Millionen Euro für das Stadtmuseum, 18 Millionen für das Römisch-Germanische.

Grabungsleiter Sven Schütte kann nicht begreifen, dass das Projekt in der Kölner Öffentlichkeit so wenig Begeisterung auslöst. In der Tat äußern sich Besucher von außerhalb in der Regel weit enthusiastischer.

Nach Schüttes Vorstellungen soll das Museum keineswegs die soundsovielte Begegnungsstätte werden, sondern jüdische Alltagsgeschichte erfahrbar machen. Die Archäologen haben eine Viertelmillion Gegenstände zutage gefördert. So entdeckten sie eine aus dem Mittelalter stammende Tafel mit der Aufschrift «yt in ys neyt anders». Man könnte das übersetzen mit: «Et is wie et is» (Es ist, wie's ist) - die klassische Kölsche Spruchweisheit. Funde wie dieser zeigen nach Schüttes Überzeugung, dass die Juden jahrhundertelang einfach Kölner unter Kölnern gewesen sind.

Doch ob das Museum diese Dinge wirklich in den Vordergrund stellen wird, steht noch nicht fest. Die Sache wird dadurch verkompliziert, dass das Museum zwar von der Stadt gebaut wird, betrieben werden soll es dann aber vom Landschaftsverband Rheinland, dem Kommunalverband des nördlichen Rheinlands.

Spielt auch Antisemitismus eine Rolle?

Schütte selbst steht massiv in der Kritik. Wissenschaftler und Museumsleute werfen ihm Unkollegialität und mangelnde Seriosität vor. Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) hat schon vor drei Jahren öffentlich den Stab über ihm gebrochen: «Herrn Schütte zum Projektleiter zu machen, war eine Fehlentscheidung meines Vorgängers», sagte er dem «Kölner Stadt-Anzeiger».

Schütte selbst erinnert daran, dass so mancher Experte vor Beginn der Grabungen 2007 gesagt habe, es lohne sich nicht, das Gelände umzupflügen - da sei nur noch Weltkriegsschutt. Nun zeigt er stolz eine Auswahl der kostbaren Artefakte, die sein Team aus der Erde geholt hat, so einen halbmondförmigen, edelsteinbesetzten Goldohrring aus dem 11. Jahrhundert.

Spielt bei all dem auch Antisemitismus eine Rolle? Allein das Stellen dieser Frage halten manche Kritiker für infam, da sie dadurch diskreditiert würden. Alle betonen, sie seien nicht grundsätzlich gegen das Museum. Nur nicht so. Nur nicht da. Nur nicht jetzt.