Neben allen großen Kunsttempeln in Manhatten gerät das Brooklyn Museum auf der anderen Seite des East River oft ein wenig in Vergessenheit. Dabei hat auch dieses Museum im imposanten neoklassizistischen Ensemble eine umfassende Sammlung mit Werken von den Ägyptern bis heute und ein Programm mit hochpolitischen Ausstellungen, die den Kunstdiskurs in den USA mitbestimmen. Ab und zu streut das Museum dann gern einen locker-leichten crowd pleaser ein, wie die Wanderausstellung über David Bowie oder die sinnlichen Fanstasiewelten der Installationskünstlerin Swoon.
Gerade sind es die Panorama-Collagen des Franzosen JR, die das Museum vor lauter Besuchern aus allen Nähten platzen lassen. Der Street Artist, der Anfang der 2000er-Jahre mit Porträts von Jugendlichen aus den Pariser Vorstädten an Pariser Wänden bekannt wurde, zeigt dort unter anderem seine "Chronicles of New York City" - eine riesige Fotomontage mit über 1000 Personen, die JR seit 2018 aus seinem Foto-Truck abgelichtet und interviewed hat. Während seine riesigenBilder oft an prominenten Orten wie dem Louvre-Vorplatz, dem Brandenburger Tor oder dem Grenzzaun zwischen Mexiko und den USA auftauchen, ist die Ausstellung in New York eine klassische Museumsschau. Die Stadt im White Cube sozusagen.
Die Reste der Subkultur im Museum
Nachdem Banksy endgültig zum Running Gag des Kunstmarkts geworden ist, ist auch der Street Artist JR inzwischen effektiv ins klassische Kunstgeschäft eingepflegt. Nach Ausstellungen unter anderem im Museum Frieder Burda in Baden-Baden und der Maison Européenne de la Photographie in Paris ist die Schau in New York nun die bisher größte Museumspräsenz für den ehemaligen Guerilla-Künstler. Die Institution kann sich mit ein paar Subkultur-Resten schmücken (die dabei allerdings gänzlich erlöschen), und der Künstler ersetzt die einst illegalen Interventionen mit künstlerischem Unternehmertum.
JR, der seinen wahren Namen (aber nicht sein Gesicht) geheim hält, lebt seit neun Jahren in New York. Für ihn ist die Stadt wie ein Wimmelbild aus Menschen von überall her. Vielleicht kann man dieses Gefühl dann doch besser auf der Straße einfangen als im Museum.