Was hat ein früh begonnenes Geigenstudium mit der globalen Zukunft der Wirtschaft zu tun? In dieser Folge von "Fantasiemuskel" ist Stephan Frucht zu Gast – Musiker, Dirigent, Kulturmanager und Leiter des Siemens Arts Program. Im Gespräch erfahren die beiden Podcaster Friedrich von Borries und Torsten Fremer, wie ein global agierendes Technologieunternehmen mithilfe künstlerischer Impulse gesellschaftliche Verantwortung lebt.
Frucht, der selbst schon in frühen Jahren dem "Normalen" eine Absage erteilt, studierte nicht nur Musik, sondern auch Humanmedizin – nicht etwa als Flucht, sondern als Erweiterung des Horizonts. Für ihn liegt die Tiefe in der Breite, und genau darin erkennt er eine gesellschaftliche Notwendigkeit: Brücken schlagen zwischen Fachbereichen, zwischen Disziplinen, zwischen Menschen.
Im Siemens Arts Program, das Frucht als künstlerischer Leiter führt, wird diese Haltung konkret. Es sei in erster Linie kein PR-Instrument, so Frucht, keine Wohlfühloase im Konzern, sondern eine kulturelle Denkfabrik. Schließlich wollen Menschen "in einem Unternehmen arbeiten, das sich als Teil der Gesellschaft versteht und nicht in irgendeiner Drückerkolonne". Opernprojekte in Namibia, digitale Zwillinge ikonischer Konzerthäuser, Nachwuchsförderung in der Carnegie Hall: Hier entstehen Räume, in denen Kunst nicht dekorativ, sondern disruptiv wirken soll. Frucht glaubt fest daran, dass Unternehmen Kunst nicht nur "ermöglichen" sollten – sie brauchen sie als Seismograf gesellschaftlicher Entwicklungen und als Training für das Unerwartete.
Was Unternehmen von der Kunst lernen können
So verstanden verwandelt sich kulturelles Sponsoring in kulturelle Verantwortung. Dies führt zu der zentralen Frage, was Unternehmen von der Kunst lernen können. Frucht antwortet: "selektives Zuhören". Nicht senden, sondern verstehen wird für ihn zur wichtigsten Führungskompetenz des 21. Jahrhunderts. In diesem Zusammenhang warnt Frucht vor einem Kunstverständnis, das sich hinter politischen Schlagworten wie Nachhaltigkeit versteckt. Kunst, so seine Auffassung, darf nicht funktionalisiert werden, auch wenn ihre Wirkung durchaus politisch sein kann. Sie muss vielmehr frei bleiben – nur so kann sie Entwicklungen anstoßen, die über das Vorstellbare hinausgehen.
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