Die Botschaft war klar. Als der italienische Regierungschef Giuseppe Conte mit seinem Vize Matteo Salvini auf die Bühne tritt, flimmern Leonardo da Vincis Meisterwerke in Großformat im Hintergrund. 500 Jahre liegt der Tod des Universalgenie am 2. Mai zurück. Ein guter Zeitpunkt für die populistische Regierung in Rom, die Bühne bei der Vorstellung für das Jubiläumsprogramm für den eigenen Auftritt zu nutzen: Der Tod des Renaissance-Künstlers soll auch Italiens Größe in die Welt tragen.
"Unser Genie" nennt Conte Leonardo, der 1452 in dem kleinen Ort Vinci in der Toskana geboren wurde und 1519 in Frankreich starb. Auch seine Regierung arbeite an Visionen, die gut für das Land seien. Innenminister Salvini sagt, Leonardo lehre die Menschen: "Wenn du einen Traum hast, kannst du es schaffen." Ein Slogan, den auch Salvini als Chef der rechten Lega immer wieder benutzt. Unterschwellig schwingt der Vergleich der Populisten mit einem der größten Genies der Welt mit.
Doch Leonardo kannte keine Grenzen, während fremdenfeindliche Politiker wie Salvini genau diese hochziehen. Und die Gutausgebildeten, die heutigen Genies, verlassen wegen fehlender Förderung in Scharen das Land.
Dass die Kultur vor allem den Regierungsoberen als Bühne dient, wird schon dadurch klar, dass der Kulturminister bei der Vorstellung des Programms erst mal nur im Publikum sitzt. Auch Museumsdirektoren kamen am Mittwoch nicht zu Wort. Obwohl Italien von ihnen so viele zu bieten hätte.
Mit mehr als 500 Events will Italien den Maler, Bildhauer, Mechaniker, Ingenieur und Wissenschaftler Leonardo würdigen. Hinzu kommen Apps, Sonderbriefmarken, Filme, TV-Serien, neue Zwei-Euro-Münzen mit dem Frauenporträt "Dame mit dem Hermelin" und sogar ein Zeichentrickfilm namens "Missione Mona Lisa". Ein "Leonardo-Fieber" hat die Staatssekretärin im Kulturministerium, Lucia Borgonzoni, ausgemacht.
Höhepunkt in Italien sollen drei Ausstellungen sein: Eine im Turiner Musei Reali, die sich den Zeichnungen Leonardos zwischen Wissenschaft und Kunst widmet. Dort wird auch sein berühmtes Selbstbildnis zu sehen sein. Auch das Museum Scuderie del Quirinale in Rom legt einen Schwerpunkt auf Leonardo auf Wissenschaftler. Die Accademia dell'Arte in Venedig beschäftigt sich derweil mit seinen biologischen und anatomischen Studien und zeigt dort den Vitruvianischen Menschen, den man von Italiens Ein-Euro-Münzen kennt.
Im Ausland sollen 150 Leonardo-Veranstaltungen von Chicago über Monaco und Berlin bis nach China stattfinden. Leonardo da Vinci sei "so sehr italienisch, so sehr in unserer kulturellen DNA", dass man auch anderen Ländern helfen wolle, dieses «großartige Ereignis» zu feiern, sagt Kulturminister Alberto Bonisoli später.
Genau hier gab es aber schon Ärger zwischen Frankreich und Italien: Die Regierung in Rom will ein Abkommen der Vorgängerregierung über Leihgaben aus Italien nach Frankreich nicht unterstützen. Im Louvre in Paris, wo die Mona Lisa hängt, ist ab Oktober eine große Leonardo-Schau geplant.
Die italienische Regierung fürchtet, dass Frankreich ihr im Wettkampf um die beste Schau den Rang ablaufen könnte. So scherzt Salvini, er sei im Gespräch mit dem französischen Botschafter, um die Mona Lisa zurückzuholen. Dass das Mission Impossible ist, weiß auch er.
Frankreich hält sich derweil zurück. Der Direktor des Louvre, Jean-Luc Martinez, hüllt sich in Schweigen. Und Kulturminister Franck Riester setzt auf Beschwichtigung. Für ihn ist Leonardo ein europäischer und universeller Künstler, wie er dem französischen Radiosender "France Info" kurz vor dem Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Ende Februar sagte. Wenn es eine Ausstellung über ihn gebe, wie die im Louvre, dann erstrahle auch Italien.
Er hofft auf die Kultur als vereinendes Element. "Sie ist ein gutes Verbindungsglied zwischen unseren beiden Völkern, die Nachbarn sind und seit jeher Kulturaustausch betreiben." Das sei eine gute Gelegenheit, durch Kunst und Kultur wieder zusammenzufinden. Am 2. Mai wollen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Staatsoberhaupt Sergio Mattarella dann auch gemeinsam den Todestag begehen.