Glaubt man dem Instagram-Account des Frankfurter Künstlers und Klimaaktivisten Dirk Baumanns, hat der gerade einen ziemlichen Lauf. Seine Gemälde, die Klassiker der Kunstgeschichte mit Klima-Themen kombinieren, hängen dort im New Yorker MoMA, im neuen Munch Museum in Oslo und in der Kunsthalle Hamburg. Seine "Mona Greta", die die Aktivistin Greta-Thunberg als sanft lächelnde Ikone im gelben Regenmantel zeigt, hat es sogar neben das Original von Leonardo da Vinci im Louvre geschafft.
Vor kurzem berichtete sogar der Hessische Rundfunk in einem (inzwischen aus der Mediathek entfernten) Beitrag im Magazin "Maintower" über den vermeintlichen hessischen Überflieger und seine weltweite Präsenz. Doch dann musste sich der Sender in einem (inzwischen ebenfalls offline genommenen Film) korrigieren. Denn die Ansichten von Baumanns' Bildern in den Museen sind Collagen, die der Künstler selbst erstellt hat.
In einem Statement des HR heißt es auf Monopol-Anfrage: "Dirk Baumanns hat der 'Maintower'-Redaktion gegenüber die falsche Behauptung aufgestellt, dass seine Bilder in Museen wie dem Frankfurter Städel, der Hamburger Kunsthalle oder dem Museum of Modern Art in New York ausgestellt seien. Belegt hat er das mit Fotos auf Instagram, welche die Bilder in den Museen zeigen sollen. Dabei handelt es sich aber um Fotomontagen [...]. Die Redaktion kennt Dirk Baumanns und schätzt seine Kunst, wir haben auch in der Vergangenheit mehrmals über ihn berichtet. Dennoch hätte der Sachverhalt bei der Recherche besser geprüft werden müssen. Auf unserer Korrekturen-Seite weisen wir auf den Fehler hin. Um ähnliche Fälle in Zukunft zu verhindern, überprüft die Redaktion die internen Abläufe."
Ist das jetzt Konzeptkunst oder Hochstapelei? Wir haben mit Dirk Baumanns gesprochen.
Dirk Baumanns, der Hessische Rundfunk hat Sie bezichtigt, ihn getäuscht zu haben. Was war da los?
Ich arbeite seit 15 Jahren zum Thema Klimawandel, zuletzt an Neuinterpretationen von alten Meisterwerken. Die "Fridays for Future"-Bewegung hatte mich etwa zu meinem Bild "Mona Greta" inspiriert, auf dem ich Greta Thunberg als "Mona Lisa" gemalt habe. Fast zweieinhalb Jahre habe ich an diesem Bild gearbeitet. Ich hatte schon den Anspruch, das so wie Leonardo da Vinci zu malen, zumindest, was die Dauer betrifft. Ich habe es dann mit auf Demonstrationen geschleppt, wo es auch schon viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Aber ich wollte dann die Neuinterpretationen in die Museen bringen und den vorhandenen Meisterwerken als Gegenstück vorsetzen. Ich habe gedacht, ich nutze mal den kürzeren Weg ins MoMA und stelle das Ganze als Fotomontage her.
Diese Fotomontagen von Ihren Gemälden neben deren Vorbildern haben Sie dann auf Ihrer Instagram-Seite veröffentlicht.
Aber es war schon immer die Idee, die Bilder auch ins Museum zu bringen. Von Caspar David Friedrichs "Der Wanderer über dem Nebelmeer" habe ich eine Neuinterpretation mit Thunberg von hinten auf einem Kohleberg stehend gemalt. Deswegen hatte ich bei der Hamburger Kunsthalle angefragt. Deren Absage hat mich sehr überrascht. Sie meinten, mein Werk wäre ja inhärent in dieser Ikone der Kunstgeschichte, sie wüssten nicht, welche größere Botschaft das senden würde, wenn ich die beiden Bilder nebeneinander zeige.
Ihre Bilder hängen also nicht im MoMA neben Van Goghs "Sternenhimmel" oder im Met neben Monets "Japanischer Brücke". Nur haben das nicht alle verstanden.
Manche haben das herausgefunden, aber viel weniger, als ich am Anfang vermutet habe. Das war für mich ein soziales Experiment in dem Moment.
Oder wollten Sie als Künstler, der nicht im Museum hängt, einfach mal so tun, als ob?
Es gibt auch noch ein anderes kulturelles Leben neben den Museen und dem Kunstmarkt, und ich versuche meinen eigenen Weg zu gehen. Ich habe gerade einen Vortrag an der Brandeis University in Boston gehalten, habe Sammler und Unterstützer. Ich versuche, meine Kunst selbst zu vermarkten, um mit den Erlösen dann auch Klimaschutz betreiben zu können.
Sehen Sie Ihre Aktion als Gegenmodell zur "Letzten Generation", also etwas Virtuelles ins Museum reinbringen, anstatt physische Kunst wirklich zu besudeln?
Das hat einen positiveren Vibe, als etwas zu zerstören.
Der Hessische Rundfunk hatte über Sie berichtet und Ihnen offenbar geglaubt, dass Sie in New York ausstellen. In einem zweiten – inzwischen auch offline genommenen – Beitrag, klärte der HR das auf und stellte Sie als Hochstapler dar.
Die Reaktion ist recht heftig ausgefallen, weil sie erst im Nachhinein den Fake herausgefunden haben. Das ist schade, denn man hätte es mit mir ja besser und positiver auflösen können.
Sind Sie ein Hochstapler?
Nein, ich bin kein Hochstapler.
Ihre Kunst sei auf Schüler-Niveau, es sei möglich, dass Sie auch bei der Nennung Ihrer Universität gelogen hätten, sagte der HR.
Ich habe studiert. Leute von der Hochschule für Gestaltung in Offenbach haben mir nach der Ausstrahlung auch sofort geschrieben: "Ich kenne dich. Ich habe mit dir studiert."
War denn die Fälschung vor allem für die sozialen Medien gedacht?
Erst mal habe ich gar nicht gedacht, dass überhaupt jemand darauf reinfällt. Die Leute, die mir folgen, fanden es lustig. Aus der Klimabewegung habe ich auch positive Rückmeldungen bekommen. Ich meine, man hätte das ja schnell recherchieren können.
Es ist das Prinzip der sozialen Medien, dass man man sich erfolgreicher darstellt, als man ist.
Ja, das ist natürlich auch der Hinweis der Aktion. Es hängt ja im Endeffekt alles zusammen. In der Hamburger Kunsthalle zum Beispiel wollte ich wenigstens einen Tag mal mit meinem Bild reingehen, Fotos machen. Ging nicht. Aber im Anschluss haben sie dann Lars Eidinger mit seinen hunderttausenden Followern ausgestellt, seine Fotos im Zusammenhang mit alten Meisterwerken.
Was ist denn eigentlich das Ziel Ihrer Aktion gewesen?
Klimawandel in die Dauerausstellungen bringen. Wer thematisiert denn sonst diese Themen in der Kunst? Olafur Eliasson vielleicht, aber der verbraucht dabei eine Menge Energie. Die Kunst dreht sich um sich selbst. Das Ziel meiner Aktion war auf jeden Fall, auch Fake News zu thematisieren, sowie die Strukturen des Kunstmarktes und der Medien. Ich wollte die Frage stellen: Was ist Kunst? Was ist museumstauglich, und wer entscheidet das?