Was nach dem Tod geschieht, gehört wohl zu den elementarsten Grundfragen der menschlichen Existenz. Wir wissen jedoch, dass Kunstwerke nach dem Menschen weiterleben und die Existenz des ihres Schöpfers somit manifestieren können. Der Künstler steht somit in einem besonderen, vielleicht sogar eitlen Verhältnis zum Tod.
Der zur Galerie Kornfeld gehörende Ausstellungsraum 68projects in Berlin hat die Schnelllebigkeit der Kunstwelt und den Erfolgsdruck, der auf den Künstlern lastet, als Ausgangspunkt genommen, um 16 Künstler nach dem Schicksal ihrer Kunst nach ihrem Tod zu fragen. Als potentielles Arbeitsutensil wurde jedem eine Holzkiste aus dem internationalen Kunsttransport zugeteilt, die man als Metapher für einen Sarg oder einfach als Eingrenzung der Kunst allgemein verstehen kann. Dass nicht alle Künstler dieses Instrument verwendet haben, unterbricht zwar den roten Faden der Ausstellung, sorgt aber auch für abwechslungsreichere Arbeiten.
Die aus Berlin, New York, Tbilisi, Kopenhagen und Los Angeles stammenden Künstler haben sich auf teils sehr unterschiedliche und teils auch ähnliche Art und Weise mit dem Thema auseinandergesetzt. So finden sich beispielsweise Elemente, wie Totenköpfe, Särge, Skelette oder Knochenreste in mehreren Arbeiten wieder.
Sten Gutglück präsentiert in seinem Werk "Mein Bestiarium" in einem Wandregal diverse Knochenteile von Tieren und Menschen zusammen mit Alltagsobjekten wie einem Spielauto. Michael Wutz benutzt für seine Arbeit menschliche Knochen aus dem Dreißigjährigen Krieg, die er eigens ausgegraben hat. Rosi Steinbach setzt das Skelettmotiv auf spielerische Art und Weise um, indem sie auf zwei Vasen aufgemalte Skelette mit Jo-Jos oder durch Reifen springend darstellt.
Das Motiv des Sargs findet sich etwa bei dem Berliner Daniel Chluba wieder, der den Satz "When I die …" mit "… nicht ohne mein Pferd" beendet hat. Dafür hat er in seiner Arbeit "Star & I" zwei Miniaturfiguren aus Holz von sich und seinem Pferd und die dazugehörigen Särge kreiert. Der ebenfalls in Berlin lebende Künstler Pietro Spirito hat dagegen weniger ironisch, dafür etwas ernsthafter und klassischer die Transportkiste verwendet und sie zu einem Sarg geformt, der mit einem weißen Tuch bedeckt ist.
In zwei weiteren Arbeiten bleibt Spirito wesentlich abstrakter und präsentiert sphärische Motive auf Leinwand. Generell überzeugen besonders die Arbeiten, die sich universeller verhalten und ohne Motive mit direktem Bezug zum Tod auskommen. In der Videoinstallation von Anna K.E. begleitet die Kamera die Füße einer Balletttänzerin, die sich mal zaghaft, mal forsch durch einen Atelierraum bewegt und dabei um die zahlreichen Arbeitsutensilien auf dem Boden herumtänzelt. Der Film mündet schließlich darin, dass die Tänzerin in einer Position verharrt und Wasser lässt. Eine Symbolik, die man hinsichtlich des Themas auf verschiedene Arten interpretieren kann: Als Zeichen von Bloßstellung etwa oder auch als Ausdruck von Erleichterung oder Gleichgültigkeit am Ende des (Künstler)-Lebens. Eine weitere überzeugende Videoarbeit ist "Pursuit" von Chris Engman. Hier folgt die Kamera einem im Wind treibenden Stück Papier in einer Wüstenlandschaft, ein wenig an die berühmte Plastiktüte aus dem Film "American Beauty" erinnernd. Das Papier, die Kamera und somit auch der Betrachter sind in fortwährender Bewegung, während sich die Umgebung nicht zu verändern scheint. Mal kommt der Zuschauer dem Papier näher, das Papier jedoch nie dem Horizont. Hierbei entsteht eine poetische und bildlich sehr schöne Annäherung an das Thema der Ausstellung.
Weniger poetisch, dafür aber mit viel Wiedererkennungsfaktor gestaltet sich die Arbeit von Nils Dunkel. Der 25-jährige Berliner Künstler hat sich eine Art Pop-Schrein errichtet. Glitzer, Plastikbärchen, Engelssticker, sowie Kosmetikprodukte ergeben zusammen mit Bildern des Künstlers eine Collage, die an die Star-Anbetung eines Teenagers erinnert.
In "When I die …" haben sich die teilnehmenden Künstler ihre eigenen Monumente errichtet, die alle für sich stehen und ihre persönliche Dynamik ausstrahlen: von düster, lustig bis sentimental, glitzernd, nachdenklich und ironisch. Der Tod hat viele Gesichter – zumindest in der Kunst.