Casey Spooner, Fischerspooner sind schwer zu verorten, sie stecken immer dazwischen, sowohl in Bezug auf die Genres wie auch auf Inhalte. Wo sehen Sie sich zwischen den Disziplinen? Hat sich dieser Ort in den letzten 20 Jahren verschoben?
Für mich war es nie eine Frage, die kreativen Disziplinen miteinander zu kombinieren, zwischen den künstlerischen Genres zu arbeiten. Konzept und Philosophie gehören genauso zu einem guten Song wie zu einem Film. Wir bespielen aber sehr gerne den Ausstellungsraum in einem Museum, er ermöglicht besondere Kreativität.
Ihre Person steht dabei oft im Zentrum. Wie viel Inszenierung gibt es dabei?
Die sozialen Medien haben neue Strukturen geschaffen. Ich habe mich als Person neu erschaffen. Als Traum, als Projektion, eine neue Selbstdefinition. Eine Projektion, die in zwei Richtungen funktioniert. Wie in einem Theaterraum. Mein Körper wurde und ist dabei Waffe, Sprache, Werkzeug. Auch ein sexuelles Werkzeug, eine Visualisierung einer neuen erotischen Landschaft. Ein ebenso öffentliches wie gleichsam privates Narrativ.
Sie inszenieren sich nicht nur im Museum, sondern auch auf Instagram. Wer ist da Ihr Adressat? Ist es die Öffentlichkeit, das Publikum, sind es die Fans?
Für mich ist das eine Art Skizzenbuch. Ich erlaube es, mir zuzuschauen, Zeuge zu werden meines besonderen Lifestyles. Manchmal vergesse ich auch, wer dabei Zeuge wird. Es ist aber auch eine Art Tagebuch, eine eher pragmatische Möglichkeit, ein Werkzeug, um Freunden zu sagen, wo ich gerade bin, was ich gerade tue. Durchaus auch als verletzliche, stimmungsgesteuerte Person. Und auch eine stete Neuerfindung meines Ichs.
Worin besteht denn die besondere Differenz zwischen Bühne und Museum, ist da immer noch eine Lücke zwischen der populären Kultur, der Popmusik und der Kunst?
Ich sehe da schon sehr unterschiedliche Motivationen, ich habe mich ja lange nicht als Künstler betrachtet. Da, wo ich herkomme, gab es keine andere Kunst als die Popkultur. Ich konnte also nie hinunterschauen auf sie als niedere Kunst. Inzwischen habe ich aber trotz der vielen Elemente des Populären in unseren Arbeiten durchaus den Anspruch eines ernsthaften Künstlers im Museumskontext und nicht mehr den eines Popstars. Das Showbusiness, der Glamour, geht auch einher mit viel Marketing und Bürokratie. In der Kunstwelt genieße ich nun das Beste aus beiden Welten, das ist viel befriedigender. Am Ende ist aber beides Unterhaltung.
Ein nicht zu leugnender Bruch vollzieht sich derzeit zwischen den USA und Europa. Wie sehen Sie den Unterschied?
Was weiß ich, wo der Unterschied liegt. Nach der Trump-Wahl hat sich viel verändert. Die homosexuelle Szene ist aber viel aktiver geworden. Ich fühle so etwas wie ein Mandat zu einer hyperaggressiven Homosexualität: quasi so expressiv schwul zu sein, wie es mir nur möglich ist.
Dies ist die gekürzte Fassung eines Interviews, das in Monopol 7/8/2017 erschienen ist