Suche nach Nazi-Raubkunst

Hessen durchforscht seine Museen

Wiesbaden (dpa) - Hessen richtet eine Zentralstelle ein, um seine Museen nach Nazi-Raubkunst zu durchforschen. Kunstminister Boris Rhein (CDU) stellte am Donnerstag in Wiesbaden die beiden Mitarbeiterinnen für diese Aufgabe vor. Angesiedelt ist die Zentralstelle am Landesmuseum Wiesbaden, das mehrfach Kunst aus früher jüdischem Besitz zurückgegeben hat. Am Mittwoch beschloss das Museum, ein romantisches Gemälde von Andreas Achenbach (1815-1910) an die Erben des jüdischen Kunsthändlers Walter Westfeld zu restituieren.

«Die Zentralstelle ist die erste in einem deutschen Bundesland», sagte Museumsdirektor Alexander Klar. Die Provenienzforscherinnen Miriam Merz und Ulrike Schmiegelt-Rietig sind für die Museen Wiesbaden, Darmstadt und Kassel zuständig. Zugleich sollen sie kommunale Museen beraten, wie Klar sagte. Die beiden Stellen für etwa 140 000 Euro pro Jahr sind dauerhaft im Landeshaushalt verankert.

«Wir stellen uns aktiv unserer historischen Verantwortung», sagte Minister Rhein. Im Wiesbadener Museum amtierte von 1935 bis 1945 Direktor Herrmann Voss, der im Auftrag Adolf Hitlers Kunst für das geplante Führermuseum in Linz sammelte. Die Provenienzforscherin Merz sagte, in den letzten Jahren seien 140 von etwa 200 Erwerbungen aus jener Zeit überprüft worden. Vier Bilder seien zurückgegeben worden.

Der renommierte Düsseldorfer Kunsthändler Westfeld (geb. 1889) war unter den Nazis enteignet, verurteilt und im Vernichtungslager Auschwitz ermordet worden. Direktor Klar sagte, die Erben seien bereit, das Achenbach-Bild «Strandendes Schiff an einer Nordküste» von 1837 dem Museum zurückzuverkaufen.

Ein weiterer Restitutionsfall werde derzeit geprüft. Für jenes Gemälde hofft Klar wieder Spenden zu sammeln. Sein Haus machte vergangenes Jahr Schlagzeilen mit einer Spendenaktion für das Raubkunst-Bild «Die Labung» von Hans von Marèes. Bis 1935 hatte es dem jüdischen Sammler Max Silberberg aus Breslau gehört und war 1980 als private Schenkung in das Museum geraten. Mit Hilfe von Bürgern, Unternehmen und der Hessischen Kulturstiftung kam genug Geld zusammen, um das Werk für Wiesbaden zu erhalten.