Wenn es nach Ryan Mendoza ginge, stünde dieses Haus noch immer in Detroit. Zwischen 1957 und 1959 lebte darin Rosa Parks (1913-2005), die Frau, die sich am 1. Dezember 1955 in Montgomery im US-Bundestaat Alabama geweigert hatte, ihren Sitzplatz im Bus für einen Weißen zu räumen – und damit zur Symbolfigur der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung wurde. Nach rassistischen Anfeindungen musste Parks jedoch fliehen und ging wie Millionen anderer Schwarzer in den Norden: In Detroit, Michigan, baute sie sich ein neues Leben auf.
Das Haus war ursprünglich im Besitz der Familie des Bruders von Rosa Parks, Sylvester McCauley, dann war es lange verlassen. Als der Bürgermeister von Detroit 2014 Parks' und 8000 weitere baufällige Gebäude abreißen wollte, kaufte die Nichte der Aktivistin, Rhea McCauley, das Haus für 500 Dollar. Anderthalb Jahre später wandte sie sich an Mendoza. "Sie hatte gesehen, dass wir schon einmal ein Haus auf einen anderen Kontinent transportiert hatten", so der in Berlin lebende US-Künstler vor einigen Jahren im Monopol-Interview.
Tatsächlich hat Mendoza Erfahrung mit Häusern. 2016 präsentierte er auf der Art Rotterdam ein Einfamilienhaus, das er in Detroit abgebaut hatte. Im selben Jahr bemalte er für die Installation "The Invitation" zwei Häuser in Detroit, löcherte die Fassaden mit den Namen "Clinton" und "Trump" und lud die beiden Präsidentschaftskandidaten ein, dort zu übernachten.
Besucher dürfen das Haus nie betreten
Weil kein Museum, keine Stiftung in den USA es erwerben wollte, beschloss Mendoza, Rosa Parks' zweistöckiges Holzhaus mit dem Satteldach in seinen Berliner Kiez zu bringen: Gemeinsam mit Freunden baute er es in Detroit ab, 18 Tage arbeiteten sie gemeinsam. In Berlin baute Mendoza alles wieder auf, vier Monate lang, ohne jede Hilfe. Mendoza goss ein Fundament aus Beton, schulterte Holzstück um Holzstück, insgesamt 2000 Teile, 16 Stunden am Tag. Besucher sollen das Innere des Hauses nie betreten – eine Frage des Respekts vor Rosa Parks, findet Mendoza.
Vor drei Jahren war es dann zum Gallery Weekend in Berlin-Wedding zu besichtigen. Danach sollte das Haus vom New Yorker Auktionshaus Guernsey's versteigert werden, fand aber keinen Käufer. Jetzt steht es im Innenhof eines Königspalastes aus dem 18. Jahrhundert in Neapel. Es soll die letzte Station einer jahrelangen Reise sein. Der Detroiter Rapper Gregg Johnson hat hierfür eine Soundarbeit aufgenommen, die jeden Tag der Ausstellung aus dem Inneren des Hauses erklingen wird und die 8 Minuten und 46 Sekunden dauert: die Zeitspanner, in der am 25. Mai ein weißer Polizist dem Afroamerikaner George Floyd sein Knie auf den Hals drückte und ihn schließlich tötete.