Gesichtsmasken, leere Supermarktregale, ausgestorbene Straßen, Absperrvorrichtungen und notdürftige Schutzkleidung: Schon längst gibt es ein distinktes, universell lesbares Bildvokabular der Corona-Krise. So betrüblich es ist, die weltweiten Ausmaße der Pandemie zu beobachtend, so tröstlich ist es auch, zu sehen, dass Menschen sich weltweit mit Musik, Kunstprojekten und ehrenamtlichen Hilfstätigkeiten gegenseitig Mut machen.
Das Covid-19-Online-Archiv des Fotografie- und Publikations-Kollektivs Public Source zeigt sowohl die Eindämmungsstrategien als auch die Bewältigungsmechanismen: Matteo de Mayda dokumentiert die geschlossenen innereuropäischen Grenzen im italienischen Görz, Artur Pöschl zeigt Menschen, die im österreichischen Klagenfurt auf dem Balkon Gitarre spielen, und Nik Moran dokumentiert die leergefegten nächtlichen Straßen des niemals schlafenden New York im Lockdown.
Mit dem partizipativen Projekt wollen die britischen Dokumentarfotografen James Wrigley und Jonathan Tomlinson der Unsicherheit und sozialen Isoliertheit entgegenwirken, der sich ihre freiberuflichen Kolleginnen und Kollegen aktuell ausgesetzt sehen. Vor allem aber wollen sie auch eine Chronik einer Zeit erstellen, die für die meisten Menschen jeglicher Vergleichsgrundlage entbehrt. Wrigley bezeichnet die Pandemie als "größtes Ereignis einer Generation". Für ihn sind die individuellen Geschichten, die auf seiner Website nacherzählt werden, genauso wichtig wie die tagesaktuelle Berichterstattung.
Für ihr Online-Archiv rufen Wrigley und Tomlinson weiterhin dazu auf, ihnen Fotografien und Texte zuzusenden. "Wir müssen dieselbe Technologie, die uns bisher als Individuen gehalten hat, dazu nutzen, neue Gemeinschaften zu bilden. Die Art, wie wir diese Räume nutzen, ändert sich momentan endlich in einem fundamentalem Maße", so Wrigley. Die Public-Source-Chronik ist eines der vielen virtuellen Produkte jener Zeit der Einengung, in der plötzlich neue Dinge möglich erscheinen.