Sammlermuseen, die sich ausschließlich zeitgenössischer Kunst widmen, gehören mit ihren Sonderausstellungen fraglos zum Kunstkalender. Ihnen eilt aber auch der Ruf voraus, ein Vehikel für Distinktionsgewinn großer Egos zu sein. Der 2021 verstorbene, milliardenschwere Reederei-Erbe und auch selbst erfolgreicher Schiffsmakler Hans Rasmus Astrup war da keine Ausnahme. Keinen Geringeren als Renzo Piano wählte er als Architekt für seinen zweiteiligen Museumsneubau am Ufer des Neubau-Quartiers Tjuvholmen.
Umgeben ist dieser von einem Park, Kanälen, Brücken und Wiesen, die Aussicht auf den Fjord verschlägt einem den Atem und zieht im Sommer Scharen von Sonnenanbetern an, die dem mit einem sich wölbenden Segel-Glasdach bestückten Museum den Anschein einer Urlaubsidylle verpassen.
Astrup, der in den 1960ern zu sammeln begann, hinterließ seine 1500 Werke schwere Sammlung der Hans Rasmus Astrup Stiftung. Sie hat keinen Einzel- oder Firmeneigentümer, dafür einen Stiftungsfonds von 2,6 Milliarden Kronen. Auch der Einkaufsetat ist üppig. Ein von der Direktorin Solveig Øvstebø angeführtes Komitee verfügt jährlich über zweieinhalb Millionen Euro. Dazu kommen zusätzliche Mittel aus der Stiftung und von Sponsoren. Das Haus hat in der norwegischen Hauptstadt ein Alleinstellungsmerkmal, denn kein anderes Museum ist hier ausschließlich auf Contemporary Art spezialisiert.
Nicht immer geschmackssicher, dafür aber auch grandios verspielt
Das 2022 in einen Neubau umgezogene Nasjonalmuseet verfügt lediglich über einige Säle mit Gegenwartskunst. Während andere Museen für bildende Kunst auf ihre historischen Sammlungen ausgerichtet sind und parallel dazu zeitgenössische Ausstellungen realisieren, legt das Astrup Fearnley Museet inzwischen den Fokus auf Kunst, die heute produziert wird. Für Solveig Øvstebø ein Glücksfall. Der Besuch von Großmessen wie der Art Basel gehöre für sie zwar dazu, sagt sie, ihre Recherchen führen sie aber vor allem in Ateliers, eine Arbeitsweise, die sie bereits an der Kunsthalle Bergen und der Renaissance-Society in Chicago praktizierte.
Das sieht man der Ausstellung, die von Königin Sonja eröffnet wurde, durchaus an, auch wenn neben einigen jungen norwegischen Namen das Gros der gezeigten Werke der Vorliebe des Gründers für britisch-amerikanische Kunst der 1990er geschuldet ist. Ob Damien Hirst, Richard Prince, Jeff Wall, Martin Kippenberger, Mona Hatoum, Douglas Gordon, Matthew Barney, Nan Goldin, Elmgreen & Dragset oder Félix González-Torres – kaum ein Name aus der Dekade fehlt, inklusive ikonischer Werke aus der Abteilung Oligarchen-Kitsch, wie etwa die für 5,6 Millionen Dollar 2001 erworbene Porzellan-Skulptur "Michael Jackson und Bubbles" von Jeff Koons, eine vergoldete Monstrosität, der man lieber aus dem Weg geht, um schnellstens den Blick auf Wolfgang Tillmans großformatige "Concorde"-Serie zu richten oder den seine Gegner mit Trompeten-Lärm beschallenden Bunker "Clamor" von Allora & Calzadilla.
Norwegische Gegenwartskunst zeigt sich nicht immer geschmackssicher, dafür aber mitunter grandios verspielt, wenn der in Berlin lebende Børre Sæthre etwa das Publikum in seine mit Teppich ausgelegte Installation "My Private Sky" durch eine Schiebetür lockt, ein Fantasy-Raumschiff, in dem ein Einhorn nordische Mystik beschwört und die enthumanisierte Zukunftsästhetik des Settings in ein unheimliches Schauermärchen kippen lässt.