Yoko Ono in London

Give peace a chance

Ab und zu gibt es diesen dumpfen Knall: Wieder ist jemand gegen eine Plexiglaswand in Yoko Onos Labyrinth „Amaze“ gelaufen. Der japanisch-amerikanischen Künstlerin hat die Serpentine Gallery im Rahmen des Londoner Olympiaspektakels eine Retrospektive gewidmet, und ein Großteil der Besucher kommt bestimmt auch, um ein kleines Stück ihres gottgleich verehrten Partners mitzunehmen. Yoko Ono ist ein Star, der Geist des 1980 ermordeten John Lennon wird jedoch für immer über ihr schweben.

Dabei haben ihre frühen Arbeiten wie der Irrgarten „Amaze“ (1971) oder die Performance „Cut Piece“ von 1964 bis heute eine ganz eigenständige Kraft. Jahre bevor Valie Export ihre Brüste im „TAPP und TASTKINO“ ausstellte oder Marina Abramovic dem Publikum Instrumente zur Verfügung stellte, mit denen es den Körper der Künstlerin malträtierte, ließ sich Ono in „Cut Piece“ die Kleider vom Leib schneiden.

Yoko Onos konzeptuelles Werk, ihre experimentellen Filme verschmolzen und funktionierten damals vor allem perfekt als Teil einer lebendigen Kulturproduktion, einer Szene, in der sie umgeben war von Freunden wie John Cage, Trisha Brown oder Fluxus-Gründer George Maciunas. Ono und Lennon wurden zum Traumpaar der Friedensbewegung und schufen deren Soundtrack. Zu Onos Videos wie „Freedom“ (1970), in dem sie versucht, sich den BH von den Brüsten zu reißen, lieferte Lennon die Musik. In „Two Virgins“ (1968) wird die Seelenverwandtschaft der beiden in epischer Breite zelebriert.

Viele Werke wirken heute naiv
Problematisch ist nur, dass dieses Vokabular nicht mehr funktioniert und daraus Werke entstehen, die heute beinahe naiv wirken. Onos neueste Arbeit „Painting to shake hands“ zum Beispiel beginnt wie eine durchaus amüsante Filmversion einer zersäbelten Lucio-Fontana-Leinwand, verfällt dann aber ins gewohnte Weltverbessern, wenn sich zwei Menschen durch den Schlitz in der Leinwand schließlich versöhnend die Hände reichen. „Helmets“ von 2001 ist eine Installation aus schwebenden Soldatenhelmen, in denen Puzzleteile mit Himmelsmotiv liegen.

Und so besitzt das Engagement der Gäste in London bestenfalls die kritische Tiefe eines Walt-Disney-Films: Für ihr Videoprojekt „#smilesfilm“, das sie bereits 2010 bei Haunch of Venison in Berlin zeigte, lässt Yoko Ono Personen in die Kamera lachen, wodurch sie auf einem Bildschirm Teil eines riesigen kollektiven Dauergrinsens werden. Ein politischer Akt? Die mit unzähligen Zetteln behängten Wunschbäume vor der Galerie wirken wie seelische Mülleimer für den kritischen Großstädter. Einer nach dem anderen hinterlässt Wohlfühlsprüche wie „Alle für eine bessere Welt“ und hat danach womöglich auch noch den Eindruck, er habe gerade etwas verdammt Gutes getan. Dumpf.  
 


 

„TO THE LIGHT“, Serpentine Gallery, London, bis 9. September