Ob Emojis, Gifs oder Vongolisch: Die Digitalisierung hat unsere Sprache ohne Zweifel drastisch verändert. Wie selbstverständlich texten wir uns Satzfragmente und Akronyme, versenden Audioaufnahmen und Bilder oder drehen als Produzenten unseres eigenen Alltags auch mal eben ein Video mit dem Handy. Nicht selten überlassen wir das Kommunizieren gleich ganz der Maschine: Immerhin findet ein wachsender Teil aller Informationsübermittlung inzwischen direkt von Rechner zu Rechner statt – vollautomatisiert und ohne uns. Selbstlernende Computerprogramme generieren Texte und übermitteln Daten; Algorithmen der künstlichen Intelligenz falten sich darüber zu einem neuen Gebirge des Seins.
Was bedeuten diese Entwicklungen für unsere Gesellschaft? Formen sich gerade völlig neue Sprachgemeinschaften, die wir nur bedingt wahrnehmen? Und wie wirkt sich die zunehmende Visualisierung der Sprache eigentlich auf die Kunst aus? Müssen wir das Verhältnis zwischen Bild und Text neu denken und verhandeln? Diesen und weiteren spannenden Fragen geht die neunte Ausgabe des Wiener Galerienfestivals "curated by_vienna" nach. Unter dem Motto "image/reads/text" haben 21 Galerien international bekannte Kuratoren dazu eingeladen, Ausstellungen zum Thema Kommunikation zu konzipieren – mit vielversprechenden und vielseitigen Ergebnissen.
So gibt etwa der deutsche Kultur- und Medienwissenschaftler Paul Feigelfeld in der Galerie Crone einen Ausblick auf die Zukunft nicht menschlicher Sprache. Unter dem Titel "Künstlerische Intelligenz" präsentiert er Arbeiten von Künstlern wie Hanne Darboven, Channa Horwitz und Ignacio Uriarte, die sich Algorithmen und Automatisierung zunutze machen, um einen ästhetischen Dialog mit dem menschlichen Betrachter anzustoßen.
Die Italienerin Eva Fabbris von der Fondazione Prada versammelt in der Galerie Steinek Werke von Kunstschaffenden, denen es um nonverbale Kommunikation, Körpersprache und Gesten geht. Und bei Croy Nielsen untersucht Laura McLean-Ferris, Kuratorin am New Yorker Swiss Institute, die Auswirkungen politischer Rhetorik auf das soziale Klima einer Gesellschaft.
Gesellschaftlich nicht minder aktuell kommt die Gruppenausstellung "Home is so fucking complicated" des Schweizers Samuel Leuenberger in der Galerie Nathalie Halgand daher: Die Chilenin Pilar Quinteros, die Libanesin Stéphanie Saadé, der Südafrikaner James Webb und der US-Amerikaner Ethan Hayes-Chute setzen sich mit dem Begriff der Heimat auseinander, indem sie gängige Vorstellungen vom Zuhause als Zufluchtsstätte oder als Fluchtpunkt unterwandern.
Ein umfassendes Kunstvermittlungsprogramm darf bei einem Festival zum Thema Kommunikation natürlich nicht fehlen. Wie in den vergangenen Jahren bietet "curated by_vienna" deshalb viele kostenlose Führungen durch die teilnehmenden Galerien an. Ergänzend gibt es außerdem erstmals ein breites Rahmenprogramm mit Lesungen, Talks, Filmscreenings, Performances und Konzerten.