Geschäft und criticality: Dieser Gegensatz gibt der Frieze London seit ihrer Gründung aus dem Geist des gleichnamigen Kunstmagazins ihre besondere Spannung. Hier grinst das Geld wie nirgendwo sonst in Europa, dafür sind die diskursiven Ansprüche umso ambitionierter.
In diesem Jahr gibt als Preisträgerin des Frieze Artist Award die junge Künstlerin Himali Singh Soin aus London und Delhi den apokalyptischen Grundton vor: Sie macht schmelzendes Arktis-Eis zum Erzähler ihres Films und berichtet von den Briten im viktorianischen Zeitalter, die Angst vor neuen Gletschern auf ihrer Insel hatten. Eine schöne Metapher für den Brexit, der nicht lange nach der Frieze über das Land hereinbrechen könnte.
Nah an den politischen Katastrophen der Zeit ist auch der Gastkurator Cosmin Costinas, der für den Kunstraum Para Site in Hongkong arbeitet. Er hat unter dem Motto "Woven" acht Solopräsentationen von Künstlern aus Brasilien, den Philippinen, China, Indien oder Madagaskar versammelt, in denen Textilien eine Rolle spielen und die, so Costinas, "das katastrophische Erbe des Kolonialismus sichtbar machen sollen".
Was die Marktmacht angeht, wirkt das Line-up der Frieze allerdings gar nicht katastrophisch. Die wichtigsten amerikanischen und europäischen Galerien von Hauser & Wirth über Gavin Brown bis zu Ropac und Sprüth Magers sind dabei, dazu einige neue Händler aus Südamerika und Asien. Und mit der parallelen Frieze Masters bleibt das wichtige Segment der Kunst des 20. Jahrhunderts verlässlich abgedeckt. Das Performanceprogramm gibt es obendrauf: von dem Choreografen William Forsythe beispielsweise, finanziert von Gagosian.