Das Haus der Kunst in München ist formal und historisch ein harter Bau. Der Künstler Franz Erhard Walther stellt dem neoklassischen Nazi-Prunk der Architektur die radikale Weichheit seiner Kunst entgegen. In den hallenartigen Ausstellungsräumen sind seine minimalen und doch opulent farbigen Stoffarbeiten arrangiert, denen allen die Idee von Körpern innewohnt. Viele der Exponate können von den Besuchern betreten und benutzt werden, die Werke werden erst in Kombination von Textilien und lebendigen Organismen vollständig.
Allerdings ist menschliche Nähe gerade nicht das Gebot der Stunde. Um mit Exponaten zu interagieren, müssen sich Besucher der frisch wiedereröffneten Ausstellung an die aktualisierten Sicherheits- und Hygienevorschriften halten. Unter anderem gilt Maskenpflicht, pro 20 Quadratmeter ist in den Räumen nur eine Person erlaubt. In den kommenden Tagen werden weitere Häuser in München öffnen, etwa am Dienstag die Alte Pinakothek und das Lenbachhaus. Die Pinakothek der Moderne in München startet am 19. Mai.
Franz Erhard Walther, der 2017 auf der Venedig-Biennale den Goldenen Löwen bekommen hat, ist ein Performance-Pionier, der seit den 60er-Jahren Körper, Material und Raum stets zusammen gedacht und Stoff als Bedeutungsträger in der Konzeptkunst etabliert hat. Im Haus der Kunst werden seine Installationen täglich - nach derzeitigen Möglichkeiten - von Tänzern und Besuchern aktiviert. Diese Kunst muss man eigentlich anprobieren. Und so erinnert Walters Werk während der Corona-Pandemie auch daran, was fehlt, wenn wir uns nicht nahe kommen können.