In Frankfurt ist Kritikerliebling Trisha Donnelly wieder wahnsinnig subtil

Trisha Donnelly, Jahrgang 1974, hat es in kurzer Zeit geschafft, selbst zu so etwas wie Poesie zu werden. Die in San Francisco geborene Performance-, Objekt- und Soundkünstlerin schickte ihrer Karriere ein Ereignis voran, das so schön, unwirklich und merkwürdig war, dass es bei Kritikern und Publikum sofort als Gerücht die Runde machte: Sie kam in New York zu Pferde zur eigenen Ausstellungseröffnung, gab sich als Bote Napoleons aus und redete auch so, und dann war sie auch schon wieder verschwunden.
Das blieb sie dann auch weitgehend, mit wenigen Ausnahmen. Zum Beispiel steuerte sie zur 4. Berlin-Biennale eine kryptische Kritzelei und, natürlich, einen Anrufbeantworter bei, eine frühe Erfindung zur Überbrückung von Abwesenheiten. Irgendwann war Trisha Donnelly dann trotz einiger Ausstellungsteilnahmen dermaßen abwesend, dass alle dauernd darüber sprachen, spekulierten und fiebrig auf die nächste Gelegenheit warteten, von ihr versetzt zu werden.
Zu beobachten war noch, dass sie entweder ganz kleine Sachen macht – also fast Unsichtbares, Zartes, Saumseliges. Oder ganz Schweres, Bombastisches, wie bei ihrem Beitrag zu Hans-Ulrich Obrists Bühnenkunst-Marathon „Il Tempo del Postino“ im vergangenen Jahr, wo sie mit Obelisken, Nebel, Trommel und Sopranstimmen ein ziemliches Donnerwetter anrichtete. Im Portikus passiert beides zugleich. An den Wänden lehnen schwere Marmorplatten, die irgendwie nachlässig mit Fräsereien versehen sind, Motive zwischen Gegenständlichkeit und freier Form. In einen kleinen Marmorblock wurden tiefe Rippen hineingesägt, jetzt sieht er aus wie zum Boliden-Motorsport oder einem Campingheizungssystem gehörig. Und zwei ziemlich kontrastarm ausbelichtete Schwarz-Weiß-Fotografien von irgendwelchen Landschaften, die so uninteressant sind, dass eine genauere Beschreibung hier leider nicht stattfinden kann, hingen so weit wie möglich voneinander entfernt.
Denn Bezüge herzustellen ist in diesem ohnehin schwierig zu gestaltenden schmalen, hochformatigen Raum ohne Unterteilungen ausdrücklich nicht erwünscht. Darum ist auch das einzige schriftliche Material, das zur Ausstellung gereicht wird, eine Werkliste. So weit, so brav.
Doch da, der Donnelly-Moment, ganz versteckt: Wer die angekündigte Stoffarbeit mit dem Emaille-Dings sucht oder die „Zwei Zeichnungen auf Papier: Untitled“, wird sie nicht finden. Die Künstlerin hat sie ganz, ganz kurz vor Eröffnung zurückgezogen. Und nur dadurch, dass niemand die DIN-A4-Standardausdrucke, die zum Mitnehmen ausliegen, und die Portikus-Webseite aktualisiert, werden sie das, was sie sein sollen: abwesend. Sonst hätte man sie gar nicht vermisst.